Frauen & Männer

Dienstag, 9. November 2010

In Ausschnitt UND Seele

Das Thema Liebeswebung ist so alt wie die Menschheit selber. Wie sollen Männer den Frauen «den Hof machen», um einen etwas altertümlichen Ausdruck zu bemühen? In unseren Reihen sollte ein Mann vornehm zurückhaltend sein und uns dennoch unmissverständlich zu verstehen zu geben, dass er uns begehrt. Ich höre die Männer bereits seufzen. Können wir das nochmals haben, bitte? Das Geheimnis ist vielleicht, dass es unmöglich ist, eine Strategie dafür zu entwickeln. «Jede Frau möchte es wieder anders», sagt der junge Mann an der Bar treffend und seine Ratlosigkeit ist herauszuhören. Doch Frauen wie wir können Entwarnung geben: Ein Mann, der so viel verstanden hat, wird sich auf dem rutschigen Parkett des Begehrens gut schlagen. Die Botschaft muss einfach adressatengerecht verpackt sein, um es einmal kommunikationstheoretisch auszudrücken. Und dennoch gibt es ein paar Leitplanken, an denen man sich orientieren kann.

Meistens versuchen Männer (oder Frauen, wenn sie Männer umwerben), die Komplimentenschiene zu fahren. Eine kleine Umfrage bei meinen Amazonen-Freundinnen hat ergeben, dass sie durchaus für Komplimente empfänglich sind, unter der Voraussetzung, dass diese nicht plump sind. Denn mit plumpen Komplimenten verliert der Mann und damit sein Begehren rasant an Glaubwürdigkeit. Der Klassiker «Du hast so schöne Augen» ist zum Beispiel ein absolutes «Nogo». Da ergreifen Frauen wie wir die Flucht. Viele meiner Freundinnen haben die Erfahrung gemacht, dass Männer oftmals einfach zu dick auftragen. Das Butterbrot wird vollgeschmiert, und die Glaubwürdigkeitsfalle schnappt zu. «Die wirklich guten Komplimente haben nichts Körperliches», sagt die Eremitin. Und das sollte man sich definitiv hinter die Ohren schreiben. Echtes, ehrlich gemeintes Interesse hingegen ist das schönste Kompliment, das man einem anderen Menschen machen kann.

Sonntag, 1. November 2009

Ladenhüter

Im Frühling war ich an eine Hochzeit eingeladen. Eine Schulfreundin von mir hat einen Mann aus Marokko geheiratet. Anlässlich einer kleinen Ansprache zu Tisch erzählte der Brautvater, dass sein Schwiegersohn, als sie einander vorgestellt wurden, gesagt habe, in Marokko sei er ein «Ladenhüter» gewesen – natürlich vom englischen Ausdruck «shopkeeper» abgeleitet. Wortwörtlich übersetzt ins Deutsche bekommt «Ladenhüter» natürlich einen ganz anderen Bedeutungsbeiklang: Ein «Ladenhüter» ist ein Kaufartikel, der niemand will, seine besten Zeiten bereits gesehen hat, Staub angesetzt hat. Mit dem Weissweinglas in der Hand habe ich leise in mich hineingelächelt und gedacht, dass wohl auch ich im Süsswarenladen der Liebe ein Ladenhüter bin.

Trotzdem weigere ich mich, mein Singlesein als Makel zu sehen. Gewisse Menschen scheinen ihr Single-Leben zu einem Martyrium hochzustilisieren, sie suhlen sich in der Opferrolle und setzen all ihre Energien dafür ein, diesem Zustand schnellstmöglich ein Ende zu setzen. Dieser Single-Uryp arbeitet meistens als Sachbearbeiterin oder Sachbearbeiter in irgendeinem Büro, fährt in seiner Freizeit gerne Inlineskates und tritt bei «Züri Date» auf. «Und wie lange bist Du schon Single?», ist eine Frage, die nur er stellen kann. Ganz so als würden er jede Woche einen Strich an die Decke machen. Inventar des Defizits. Hinzu kommt dieser mitleidige Blick, der mehr nach «Und wie lange leidest Du schon an Herpes genitalis?» aussieht. Singlesein ist keine Krankheit, sondern bloss ein Hinweis darauf, wie die Verantwortungen in unserem Leben verteilt sind.

Denn Singlesein kann für eine gewisse Streckenetappe unseres Lebens auch selbst gewählt sein. Jeder möchte lieben, doch eine Beziehung heisst eben auch, Zugeständnisse zu machen. Die Ziele des anderen zu den eigenen werden lassen. Da ist es durchaus legitim, für sich selbst zu entscheiden, dass man für solche Opfer derzeit noch nicht bereit ist. Zu viel gibt es noch zu entdecken, zu viel zu experimentieren, zu viel einzusaugen vom Leben.

Warum ist es so wichtig zu wissen, ob jemand in einer Beziehung lebt, wenn es daneben so viele andere interessante Dinge über diese Person zu erfahren gibt? Die Liebe ist doch nur eine Facette unserer Persönlichkeit unter vielen. Vielleicht bin ich ein Ladenhüter, doch ich gefalle mir auch mit Staub auf dem Haar. Bevor ich die Freundin eines Mannes sein kann, möchte ich in erster Linie meine eigene Freundin sein. Weil die Beziehung zu einem Mann wahrscheinlich nur ein paar Jahre dauert. Die Beziehung zu mir selbst dagegen ist garantiert lebenslänglich.

Mittwoch, 29. April 2009

The perfect date

Was macht ein Date eigentlich zu einem richtig guten Date? Was diese Frage betrifft, scheint es eine kollektive Bildsprache zu geben, der sich Filmregisseure immer wieder gern bedienen - ganz ungeachtet der Tatsache, ob sie den Praxisbeweis in der Realität erbringen. In erschreckend vielen romantic movies kommt nämlich irgendwann die Szene, in der das Paar bei seinem ersten Date völlig selbstvergessen aus der Kinovorstellung schlendert und dabei angeregt über den Filminhalt diskutiert (neulich gesehen in: «Bodyguard») Dabei gehört das Kino-Date doch nun wirklich ins Reich der Teenagertage! Das war damals, als wir ungestört knutschen wollten und nicht wussten, wohin wir gehen sollten. Heute haben wir andere Ansprüche, wir möchten die Person kennen lernen, die ein potentieller Anwärter auf den Platz an unserer Seite ist, wir möchten etwas über ihre Ansichten vom Leben hören, über ihre Pläne, ihr Denken und Handeln. Im Kinosaal ist das beim besten Willen nicht möglich. Aber schon klar, die Idee dahinter leuchtet natürlich ein und ist auch gut nachvollziehbar: Man sehnt sich nach einen Rahmen, nach etwas, das einem Halt gibt in einer ungewohnten Situation, die unter Umständen auch von Angst und Unsicherheit begleitet sein kann. Viele machen deswegen den Kardinalfehler: Sie gehen zusammen essen. Schliesslich kann man da gut reden. Ganz ganz schlecht! In einem noblen Restaurant kann nichts über die eigene Unsicherheit hinwegtäuschen, ausserdem kommt in dieser eh schon verkrampften Atmosphäre noch die Angst hinzu, sich nicht zu benehmen wissen, zu kleckern oder den Wein zu verschütten. Ausserdem: Wer hat schon wirklich Hunger beim ersten Date.

Was macht ein Date also letztendlich zu einem richtig guten Date? Natürlich ist es die Magie zwischen zwei Personen. Wenn man sich ineinander wieder erkennt, gemeinsame Vorlieben entdeckt, wenn etwas korrespondiert, widerhallt, wenn da plötzlich eine Ahnung im Raum steht, dass dieses Gespann Potential haben könnte. Die Möglichkeit muss Raum haben, dass diese zwei Personen sich eine Welt mit ihren ganz eigenen Gesetzmässigkeiten erschaffen könnten. Bei mir persönlich zum Beispiel ist es immer ein gutes Zeichen, wenn ich Lust habe, ganz viel von mir zu erzählen, ganz viel von mir preis zu geben. Wenn ich einfach plappern kann und es kommt etwas zurück. Dann weiss ich, dass etwas ganz Grundlegendes gegeben ist: Die Gesellschaft meines Gegenübers hat eine anregende Wirkung auf mich.

Eine solche situative Magie hat es ziemlich schwer, wenn sie in vorgefertigte Muster wie ein Dinner à deux gepresst wird, weil die Erwartungen viel zu überfrachtet sind. Die eingangs erwähnten kollektiven Bilder haben sich in unser Unterbewusstsein eingenistet und quälen uns aus der Tiefe. Wahrscheinlich zeigt sich die Magie in den gewöhnlichsten, alltäglichsten Situationen. Dann fühlt sie sich erwünscht und kann auf fruchtbaren Boden fallen. Auch hier können wir auf ein paar Leinwandbeispiele zurückgreifen, denn ein paar Regisseure haben es tatsächlich gewagt, ein realistischeres Bild des Sich-Näherkommens zu zeichnen. Die Szene in «Good Will Hunting» zum Beispiel, wo Minnie Driver und Matt Damon zuerst in einem Spielwarenladen herumstöbern und dann Burgeressen gehen. Die witzig-kecke Minnie Driver spricht den hochbegabten Raufbold direkt darauf an, er erhoffe sich von diesem Date bestimmt ein sexuelles Abenteuer. Er erwidert darauf, dass er zumindest einen Kuss schon erwartet habe. Sie: «Warum bringen wir es nicht gleich hier hinter uns?» Daraufhin küssen sie sich, in einem Fast-Food-Restaurant mit Neonlicht, beide noch mit Burgerresten im Mund… herrlich romantisch.

Oder die Szene in «Reality Bites», in der Ethan Hawks und Wynona Rider stundenlang durch die Stadt streifen, mit einem Kaffeebecher in der Hand und einfach nur über Gott und die Welt plaudern. Er sagt dann: «Was braucht es eigentlich mehr, ein paar Zigaretten, einen Becher Kaffee und eine gute Unterhaltung.» Schön! Generell glaube ich, dass jene Dates die besten sind, bei denen man etwas zusammen unternimmt.

Am Brillantesten wurde diese Form des sich Kennenlernens in «Before Sunrise» umgesetzt. Legendär, wie sich Ethan Hawks und Julie Deply zufällig in einem Zug kennen und anschliessen das nächtliche Wien zusammen erkunden. Ein Film voller kleiner poetischer Höhepunkte, voller Welt- und Lebensweisheiten. Weil sie kein Geld mehr haben, erbetteln sie bei einem Barkeeper eine Flasche Wein und versprechen, das Geld per Post zu schicken. Zwei Menschen, eine Flasche Rotwein und ein gutes Gespräch: Manchmal braucht es nur wenig, damit ein Date zu einem wirklich guten Date wird.

Donnerstag, 21. Juni 2007

Die Inflation des Josefs

Von schönen Geschichten können wir doch alle nicht genug kriegen. Deshalb kehrt die Geschichte aller Geschichten auch alle Jahre wieder: Die Weihnachtsgeschichte. Sie hat sich in unser kollektives Gedächtnis eingegraben, sie «gehört» uns allen. Am Heiligen Abend wird sie vielleicht vorgelesen unter dem glitzernden Christbaum, doch viel wichtiger für unseren Weihnachts-Wissensschatz war wohl einst die schulische Sozialisation. Gehörte nicht jede und jeder von uns als Kind einem Krippenspiel-Ensemble an, sei es im Kindergarten oder in der Primarschule?

Grundsätzlich gibt es in jedem Kindertheater zwei Arten von Kindern: Diejenigen mit Sprechrolle und diejenigen ohne, die Statisten. Ruhmreiche Sprechrollen in der Weihnachtsgeschichte sind zum Beispiel der Engel Gabriel oder die Heiligen Drei Könige aus dem Morgenland. Statistenrollen haben die Soldaten und die Hirten auf dem Feld, ausserdem die Tannen am Wegrand (mit Armbewegungen, die Sturm symbolisieren). Schon im zarten Vorschulalter werden wir also schubladisiert in scheu oder redselig, mutig oder feige, begabt oder tapsig, beliebt oder unbeliebt. Die Frage «Und was warst Du im Krippenspiel?» ist also nicht einfach irgendeine Frage, denn die Antwort gibt uns gleichzeitig Aufschluss darüber, welche Art von Kind der andere einst war. Das ist zwar grausam, in gewissen Situationen aber auch ganz praktisch. Ich könnte beispielsweise zu meinen Freundinnen sagen: «Der Typ hat wahrscheinlich als Kind eine Tanne gespielt» und sie wüssten genau, welche Art von Mensch ich meine. «Er ist ein totaler Langweiler» meint exakt das gleiche und klingt dabei ungleich gemeiner.

Bei einer nicht repräsentativen Umfrage betreffend Krippenspiel bin ich vor allem beim Thema Maria und Josef auf Erstaunliches gestossen. Maria und Josef sind die eigentlichen Stars vom Krippenspiel, wenn man einmal vom Jesuskind absieht, das ja oftmals sowieso nur eine Puppe ist. Maria und Josef müssen am meisten Text auswendig lernen und treten erst noch über mehrere Szenen hinweg in Erscheinung. Männer, die angaben, als Jungs den Josef gespielt zu haben, traf ich überdurchschnittlich häufig, einige wollten ihn sogar «mehrmals» gespielt haben. Doch wo bleiben die Marias dieser Welt? Keine einzige habe ich angetroffen! Rechnerisch gesehen muss es jedoch genauso viele Mariadarstellerinnen wie Josefdarsteller geben, und es kann proportional auch nicht mehr Josefs geben als Engel oder Hirten. Ist das also Auswuchs klassischer männlicher Selbstüberschätzung? Nein. Vielmehr glaube ich, die Männer haben längst durchschaut, dass es ihrem Ruf schadet, wenn sie ehrlicherweise sagen, dass sie als Kind ein ruhmreicher Tannendarsteller waren. Deshalb flunkern sie und behaupten, dass sie den Josef gegeben hätten, weil der Josef ja die männliche Hauptrolle ist und somit prestigeträchtig. Doch ich erlaube mir hier, diesen groben Denkfehler zu entlarven: Wenn man ein bisschen weiterdenkt, wird schnell klar, dass dem Josef in der Weihnachtsgeschichte überhaupt keine Bedeutung beigemessen wird. Der Josef in der Weihnachtsgeschichte ist so etwas wie der Blinddarm in unserem Organismus: Es braucht ihn gar nicht. Eigentlich weiss niemand so genau, warum er eigentlich existiert. Der Vater von Jesus ist er jedenfalls definitiv nicht. Also, liebe Männer: Wenn schon lügen, dann wenigstens gekonnt. Vergesst den Josef. Sagt in Zukunft lieber, ihr seid eine der Heiligen drei Könige gewesen. Die verschenken grossmütig ihre Schätze, kennen sich mit Sternen aus und haben erst noch diesen Hauch von Exotik. Das sind Qualitäten, die heute gefragt sind.

23. Dez. 2006, erschienen im Landboten

Klo - Ort der Begegnung

Auf Damentoiletten in der Öffentlichkeit trifft man es immer wieder an: Das Verschwörer-Lächeln. Sobald frau die Kabine verlässt und der nächsten den Zutritt gewährt, signalisiert sie mit einem Lächeln: „Geh nur, vor ein paar Minuten hatte ich noch dasselbe Bedürfnis wie du.“ Denn diese Tatsache verbindet. Wortlose Verständigung unter Frauen. Doch wie sieht es zur gleichen Zeit auf der benachbarten Herrentoilette aus? Männer marschieren zum Pissoir, stellen sich breitbeinig hin, nesteln kurz an der Hose und erledigen dann ihr Geschäft. Genauso zielstrebig, wie sie gekommen sind, gehen sie auch wieder. Männer sind Einzelkämpfer.

Für mich als Frau beherbergt die Alltäglichkeit eines männlichen Toilettenganges allerdings einige Mysterien: Ergeben sich manchmal Gespräche, während mann nebeneinander am Pissoir steht? Wo blickt der Mann hin, während er uriniert? Versucht er nicht ab und zu, von Neugierde angetrieben, einen Blick auf des Nachbars bestes Stück zu werfen? Männer sich doch auch ausgeprägte Konkurrenzdenker.

Pissoirgespräche, verirrte Blicke, eins steht fest: Auf der Damentoilette wird sicherlich öfters schief-dümmlich gelächelt als gleichenorts auf der Männerseite. Doch bei den Männern wird dieses Gefühl des gemeinsamen Bedürfnis vielleicht einfach anders gelebt: Als zielstrebige Selbstverständlichkeit. Taten statt Gesten. Ich weiss es nicht. Bis jetzt wollte mir noch kein Mann dieses grosse Geheimnis verraten.


30.10.02, erschienen im Bieler Tagblatt

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shanayabindra - 23. Mai, 09:13
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Chalid al-Chamissi
Im Taxi: Unterwegs in Kairo

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