Exkursionen in die Tierwelt

Montag, 4. Januar 2010

Hund vs. Katze

Eine Beziehung ist ein Balanceakt zwischen Nähe und Distanz. Manche brauchen viel vom einen, manche viel vom anderen; ein Gegenstand stetiger Aushandlung. Nichts verkörpert diese Wechselwirkung so deutlich wie Hund' und Katz': Ihr Zugang zu Nähe ist völlig unterschiedlich. Eine Katze holt sich Streicheleinheiten, hat aber ihren eigenen Kopf. Sie ist nur dann «verschmust», wenn ihr danach ist. Unabhängigkeit liegt in ihrem Instinkt. Eine Katze kann man unmöglich zähmen. Ganz anders der Hund: Er ist häuslich, anhänglich und beschützend. Und bis auf die Knochen loyal. Ein Mensch des Hundetyps definiert sich über das Du, ein Mensch des Katzentyps will sich nicht auf ein Epizentrum beschränken.

Wie viel wir von der Natur lernen könnten, wären wir nur einsichtig genug! Denn lässt sich ein Mensch des Hundetyps auf einen Mensch des Katzentyps ein, kann das eigentlich fast nur zu wüsten Raufereien führen: Die Katze macht den Buckel und faucht, weil sie sich vom Hund in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlt und der Hund knurrt beleidigt, weil er ihr Unabhängigkeitsdrang als eine Absage an ihn missinterpretiert. Und schon befindet man sich mitten im wildesten Gerangel!

Hund und Katze gehen einfach nicht zusammen, das lehrt uns die Beobachtung seit der Domestizierung der Arten. Und doch versuchen wir immer wieder, die Naturgesetze auszuhebeln, mit unserem Intellekt fühlen wir uns über die Natur erhaben. Es tut daher gut, sich ab und zu wieder einmal in Erinnerung zu rufen: Hunde und Katzen können es einfach nicht miteinander. Von wenigen glücklichen Bauernhoftieren einmal abgesehen.

Montag, 7. Dezember 2009

Sein bester Freund, der Hund

Wie sehr es uns doch schmeichelt, wenn uns ein Büsi flattierend um die Beine streicht. Oder wenn wir beim Heimkommen bereits an der Türschwelle von unserem Hund abgeholt werden, der freudig mit dem Schwanz wedelt und uns lautstark Willkommen heisst. Hund und Katze sind die Lieblings-Haustiere der Nation. Nutztiere im engen Sinne sind sie zwar nicht, und doch erweisen sie dem Menschen einen wertvollen Dienst: Sie spenden Trost und füllen leere oder leer gewordene Stellen im Innern auf. Sie sind emotionaler Kitt für geschundene Seelen. Warum sonst würde man in psychiatrischen Institutionen Katzen halten? Ein Tier schenkt Nähe; eine sehr einfache Nähe, weil sie äusserst berechenbar ist. Sie wird bestimmt vom Rhythmus des tierischen Urbedürfnisses: Seinem Hunger, seinem Durst, seinem Bewegungsdrang. Ein Tier gibt unmissverständlich zu verstehen, was es gerade braucht. Es druckst nicht herum, schämt sich nicht und redet auch nicht um den heissen Brei. Das macht Tiere nach unserer Auffassung so ehrlich.

Haustiere decken das emotionale Grundbedürfnis des Menschen nach Nähe und Geborgenheit ab. Oftmals schaffen sich Menschen in einer besonders krisengeschüttelten Lebensphase ein Hund oder eine Katze an. Und doch unterscheiden sich Hund und Katze ganz grundsätzlich in ihren «Funktionen»: Eine Katze ist verschmust, aber nur, wenn es ihr passt. Sie flattiert ein bisschen, frisst und geht dann wieder ihre eigenen Wege. Eine Katze kann man unmöglich zähmen. Anders der Hund: Man muss ihn zähmen, man muss ihn «erziehen», und ist das einmal geschafft, wird der Hundehalter mit einer Loyalität belohnt, die seinesgleichen sucht. Je nach Rasse ist auch ein Hund verschmust, doch anders als die Katze ist er es zu jeder Zeit, ohne Ausnahme. Die Partnerschaft zu seinem Herrchen steht bei ihm über allem, sie ist eng, fast schon symbiotisch.

Verlassene Männer oder solche, die von Mitmenschen enttäuscht wurden und eine dicke Mauer als Schutzwall um sich errichtet haben, sind besonders geneigt, sich einen Hund – meistens ein Schäfer – anzuschaffen. «Nimm Dich von einem alleinstehenden Mann mit Hund in Acht», heisst es daher unter Freundinnen. Denn ein solcher Mann sehnt sich nach echter Kameradschaft, und mit einem Schäfer trägt er seinem Bedürfnis nach Nähe Rechnung. Im Gegensatz zur Partnerschaft mit einer Frau ist eine Kameradschaft mit einem Hund jedoch viel sicherer, denn seine Liebessprache ist unmissverständlich. Er schenkt Zuneigung, ohne mehr als Futter zu verlangen, er ist ein wahrer Kamerad. Die Bedürfnisse beider Seiten werden rasch belohnt. Es gibt keine Stadien, keine Prozesse wie bei menschlichen Beziehungen. Es gibt kein Davor, Dahinter und Dazwischen. Keine Schattierungen, keine Grautöne. In diesem Extrem-Stadium ist es diesem Typ Mann nicht mehr möglich, Nähe zu einer Frau zuzulassen. Weil eine Beziehung bedeuten würde, die Kontrolle über seine Gefühle zumindest teilweise aus der Hand zu geben. Doch ein Hunde-Mann braucht diese Kontrolle. Er will sagen können: «Sitz!», und der Hund macht Sitz.

Solche Männer tragen einen Teil in sich, der abzusterben droht. Dieser Teil heisst «Lebendigkeit». Sie nutzen nicht die ganze Klaviatur ihrer emotionalen Möglichkeiten. Es ist ein bisschen so, als würden sie immer nur auf den weissen Tasten des Klaviers spielen. Es entsteht zwar eine Melodie, aber sie ist weit unter den Möglichkeiten, die das Klavier zu bieten hat. Eine richtig schöne Melodie – ihre ganz eigene Melodie – kann eben nur entstehen, wenn sie die Möglichkeiten des Klaviers voll ausnutzten und versuchen, auch auf den schwarzen Tasten zu spielen.

Montag, 2. Juni 2008

Im Meersäuli-Himmel

Das hier ist eine Beichte. Ich habe nämlich ein Meerschweinchen auf dem Gewissen. Obwohl ich als Zehnjährige meinem «Wuschi» – so der Name meines Meersäulis selig – immer frischen Löwenzahn kredenzt und ihm regelmässig die Krallen geschnitten habe, obwohl ich brav einmal pro Woche das Sägemehl ausgewechselt und die Wasserflasche nachgefüllt habe, obwohl ich besten Wissen und Gewissens gehandelt habe – dieses Tierchen hatte es nicht schön bei mir. In diesen Tagen konnte man nämlich in der Presse lesen, was mein Kinderherz schon damals intuitiv ahnte: Meerschweinchen werden depressiv, wenn sie alleine gehalten werden. Deshalb hat «Wuschi» also immer so todtraurig aus seinen schwarzen Knopfaugen geguckt! Seine Grundbedürfnisse waren befriedigt, und dennoch war er todunglücklich. Weil er sich nach Artgenossen verzehrt hat. Wenn Wuschi wüsste, wie gut ich das nachvollziehen kann. Tatsächlich entbehrt es nicht jeder Ironie, dass ausgerechnet ich, die menschliche Wärme sosehr schätzt und nötig hat, ein anderes Rudeltier zur Einsiedelei gezwungen habe. Ja, ja, ich war doch nur ein Kind. Aber taugt das wirklich als Entschuldigung? Ich bin mir fast sicher, dass das Karma meines Meersäulis mir eines Tages eine gerechte Strafe zukommen lassen wird. Und ich habe nichts anderes verdient. Möge «Wuschis» Seele in Frieden ruhn und im Meersäuli-Himmel mit seinen Artgenossen tanzen.

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Chalid al-Chamissi
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