Global Ice Cream

Freitag, 29. Oktober 2010

Global Ice Cream: Fliegende Händlerin

Fliegende Händler gehören zum Bild des Orients wie spitze Türmchen, farbenprächtigen Seidenstoffe und die Zimbeln der Bauchtänzerinnen. Auch ohne den Gestank von Kameldung fühle ich mich im Airside Centre gelegentlich wie auf einem orientalischen Basar. Frauen in Kopftüchern, japanische Reisegruppen, Afrikanische Mamas in bunten Gewändern, zottelige Rucksacktouristen - sie alle schlendern durch das hohe Bauwerk mit dem verstrebten Gewölbe und der Glasfassade. Abreisende kaufen Schweizer Schokolade für die Daheimgebliebenen oder eine zollfreie Schweizer Uhr, während Ahmed die Lederschuhe von asiatischen Geschäftsherren in Hugo-Boss-Anzügen auf Hochglanz poliert. Schon immer war der Händler der Verbinder zwischen den Menschen. Einer, der das begriffen hat, ist Ahmed, der Schuhputzer, ein Ägypter mit Rauschebart, der lautstark «shoe polish! Shoe polilsh!» durchs Airside Centre brüllt. Ahmeds Arbeit ist hart, seine Arbeitszeiten sind lang, doch er besitzt einen untrüglichen Sinn für alles Geschäftliche – und er ist Händler aus Leidenschaft. Von ihm habe ich viel darüber gelernt, was es heisst, eine Händlerin zu sein. Auch wenn ich nur eine kleine Eiscrème-Verkäuferin bin.

Eigentlich bin ich ja eine Farmerstochter. Auf einer Farm in der südafrikanischen Steppe aufgewachsen, inmitten von Rindern und Kälbern und umgeben von Farmland soweit das Auge reicht. Doch interessanterweise hat mich das Händlerwesen immer schon viel mehr fasziniert. Als Kind habe ich es geliebt, meinen Vater auf Rinderauktionen nach Durban zu begleiten. Und wenn wir zum Skifahren in die Schweizer Berge gefahren sind, haben mein Bruder Oskar und ich am Pistenrand Becher mit heissem Tee an Wintersportler verkauft. Nach der Matura studierte ich einige Semester Philosophie, war dabei aber nie richtig glücklich. Das Studium war mir zu wenig nah am Leben. Als dann vor zwei Jahren eine gutbetuchte, kinderlose Tante meiner Mutter starb, kamen mein Bruder und ich unverhofft zu einem kleinen Erbe. Plötzlich hatte ich ein ein ausreichendes Startkapital, um meinen Traum zu verwirklichen. Als ich dann eine Antiquitäten-Messe besuchte, verlor ich mein Herz an einen Eiscrème-Wagen, und mein Entschluss stand fest: Ich wollte Eiscrème-Verkäuferin werden! Mein Vater half mir dabei, den alten Wagen wieder in Schuss zu bringen. Und so habe ich die Bücher gegen die Glacézange eingetauscht und es bisher noch keine einzige Minute bereut. Ich spiele das uralte Spiel von Angebot und Nachfrage, als hätte ich im Leben nie etwas anderes getan, und werde nicht müde dabei. Ich glaube, ich liebe meine Arbeit deshalb so innig, weil ich mich als Person wirklich einbringen kann – und weil mir niemand sagt, was ich zu tun habe. Niemand schaut mir über die Schulter, ich kann frei darüber entscheiden, was ich im Sortiment habe, wer mich beliefert und wie ich mein Produkt unter die Leute bringe. Der Erfolg gehört mir, genauso wie ich mit Misserfolg umgehen muss.

Doch zuerst musste ich lernen, was es heisst, eine Händlerin zu sein. Ein Händler muss die Menschen kennen. Und nicht nur das: Er muss sie lieben. Ein guter Verkäufer weiss, dass in seinem Beruf nur ein einziger Fehler unverzeihlich ist: Er darf nie – nie – die emotionale Dimension vernachlässigen, die den Dingen zu Grunde liegt. Ein Händler muss seine Handelstätigkeit leben, mit seinem ganzen Auftreten, seiner ganzen Persönlichkeit. Genauso wenig wie man einem mageren Koch trauen sollte, ist es ratsam, einem schlecht gelaunten Marktfahrer zu trauen. Kontaktfähigkeit ist des Händlers herausragendste Eigenschaft, er ist ein gesellschaftlich gewandter Mensch und versteht es mit Leichtigkeit, die Menschen am richtigen Ort «abzuholen», eine Kontaktbrücke zu schlagen. Meistens sind Händler sehr entschlussfreudige Personen, die viel Wärme und Zuversicht ausstrahlen. Das macht ihn zu einem Vermittler zwischen den Menschen.

Zudem ist es charakteristisch für den Händler, dass er etwas Weltläufiges ausstrahlt. Ein Händler muss über die Gott und die Welt reden können, wenn er etwas verkaufen will. Es ist jedoch zu kurz gedacht, wenn wir davon ausgehen, dass nur Versicherungsvertreter, Autoverkäufer oder Immobilienmakler Verhandlungen führen. Jeder von uns führt in seinem Alltag wichtige Verhandlungen, vielleicht sogar solche mit der grösseren Tragweite als im Geschäftsleben. Verhandeln ist so essenziell, dass ich mich frage, warum wir es nicht in der Schule lernen wie Rechnen oder Schreiben.

Montag, 23. August 2010

Das Goldschmiedmädchen

Den Sommer am Flughafen zu verbringen ist seltsam: Zuerst schwärmen die Menschen scharenweise aus, angefüllt mit Enthusiasmus und Entdeckerfreude zieht es sie in die Welt hinaus, und kaum sind sie weg, setzt bereits wieder der Rückreiseverkehr ein. Die Zahl allein reisender Kinder ist während dieser Zeit besonders hoch. Sie werden vom Bodenpersonal an der Flugzeugtüre abgeholt und zu den ungeduldig wartenden Eltern in die Ankunftshalle gebracht. Manche Kinder sind ruhig und eingeschüchtert, andere plappern drauflos; doch eines ist allen gemeinsam: Sie lieben Eiscrème. Wenn die Betreuerin oder der Betreuer einen besonders guten Tag hat, dürfen die Kinder bei mir eine Kugel Eiscrème kaufen. Salome, ein blondes, braungebranntes Mädchen mit einem sommerspossigen Gesicht, hat sich für Erdbeereis entschieden. Die 10-Jährige Salome hat die langen Ferien auf Korfu verbracht. Ihre Eltern sind geschieden, ihr Vater hat sich auf der griechischen Ferieninsel niedergelassen, wo er als Gold- und Silberschmied arbeitet. Der Goldschmied-Papa unter der Sonne der Ägäis... was für ein Sinn für Ästhetik diesem Mädchen bereits mit auf den Weg gegeben wird! Sie habe auch schon selber ein Schmuckstück anfertigen dürfen, erzählt sie stolz und streckt mir zum Beweis ihre Hand hin, an dessen Ringfinger ein einfacher Silberring steckt.

Bei näherer Betrachtung ist es nicht erstaunlich, dass ich Gold und einen sonnenhellen Ort ganz intuitiv als passend empfinde. Der Glaube an Gold war kulturgeschichtlich gesehen zunächst der Glaube an die Sonne. Typische Goldregionen sind Schwarzafrika, Indien oder Thailand. Silber hingegen ist das meist verwendete Schmuckmaterial des gesamten Maghrebgebietes und überhaupt der islamischen Welt. «Häufig waren Münzen das Ausgangsmaterial», belehrt mich Salome. Doch eigentlich gibt es kaum ein Werkstoff oder ein Material, das nicht irgendwo auf der Welt von Menschen zu Schmuck verarbeitet worden ist. (Klever, S. 31) Pflanzen sind das ursprünglichste Schmuckmaterial, und ich muss an die Kronen aus Gänseblümchen denken, mit denen wir uns als Kinder gegenseitig gekrönt hatten. Naturvölker verwenden oftmals Vogelfedern oder Muscheln, um sich zu schmücken. Die Menschen der Hochkulturen jedoch betrachten eher Edelmetalle und Edelsteine als die wichtigsten Schmuckrohstoffe.

Schmuck ist gesellschaftliche Kommunikation. Er verschönert den Träger nicht nur, sondern sagt etwas über ihn aus, insbesondere über dessen Stellung in der Gemeinschaft. Je üppiger sich ein Stammesmitglied schmückt, desto weniger muss der Trägerin oder der Träger in der Regel arbeiten. Die Übergänge vom Ästhetischen zum Magischen sind fliessend. «Wer sich eine durchlochte Muschel um den Hals hängt oder eine Feder ins Haar steckt, kann sich damit zugleich schöner und stärker machen.» (Klever, S. 9) Gerade bei Naturvölkern haben viele Schmuckstücke Amulettcharakter. Sie beschützen den Träger vor bösen Geistern; eigentlich sind sie Ausdruck für ein Gebet. (Klever, S. 16)

Salome überrascht mich erneut, als sie plötzlich eine filigran verzierte Schmuckschatulle anfasst, die an einem Lederband um ihren Hals baumelt. «Eigentlich bräuchte ich die jetzt nicht mehr. Ich bin ja fast daheim.» Meine Neugierde ist grösser als meine Höflichkeit und ich bitte sie, mir den Inhalt der Büchse zu zeigen. Vorsichtig öffnet sie die Schatulle, und ein kleiner ovaler Türkisstein kommt zum Vorschein. «Der Türkis, der Stein der Himalayaländer, ist Buddah geweiht. Er ist einer der ältesten Schmucksteine der Welt», doziert Salome und ich versuche zu begreifen, dass dieses 10-jährige Mädchen gerade das Wort «Buddha» in den Mund genommen hat. «Mein Vater ist auf Türkisschmuck spezialisiert», sagt sie leichthin. «Und die Schatulle?», frage ich ungläubig. «Das ist eine Amulettbüchse. Darin befindet sich eigentlich eine Art magischer Schutzbrief, ein Papierstück mit religiösen Inschriften. Kein Tibeter oder Ladakhi würde ohne eine oder mehrere Amulettbüchsen auf eine Reise gehen.» Ich bin erst mal platt und stammle : «Und die trägst du immer um deinen Hals, wenn du reist?» Salome zuckt mit den Achseln. «Nein, eigentlich nicht. Aber mein Papa hat sie mir mitgegeben. Wahrscheinlich stand sie zu lange im Laden herum.»

Salomes überwältigendes Wissen auf dem Gebiet des Schmucks ist etwas irritierend, und trotzdem gefällt mir, was sie von der alten Tradition der Tibeter erzählt hat. Viele Leute leiden unter Reisepanik. Sie sehen sich plötzlich auftretenden Urängsten ausgeliefert, kurz bevor sie eine Reise antreten. Etwas in ihnen sträubt sich mit aller Kraft gegen die bevorstehende Reise. Meine Mutter reist fürs Leben gerne, aber jedes Mal beschwört sie mich kurz vorher, sie diese Reise unter keinen Umständen antreten zu lassen. Eine Amulettbüchse würde einer von Reisepanik befallenen Person ein Gefühl der Sicherheit und Stärke vermitteln. «Warst du denn schon einmal in Tibet oder Ladakh?», frage ich Salome. Mittlerweile würde mich bei diesem Mädchen nichts mehr überraschen. «Nein, natürlich nicht. Dafür bin ich doch noch viel zu klein. Aber Papa hat mir viel davon erzählt. Weisst du, was in der Mongolei oder Tibet sehr teuer ist?» Ich verneine kopfschüttelnd. «Korallen, weil das Meer so weit weg ist und sie auf langen Wegen über das Gebirge gebracht werden müssen. Und ich habe auf Korfu beim Schnorcheln mit meiner Freundin Anita fast jeden Tag Korallen gesehen!»

Ich denke über die Bedeutung von Schmuck in unserer heutigen Zeit nach. «Schmuck» kommt von «schmücken». Wir schmücken uns, um zu gefallen. Das hat sich über Jahrhunderte hinweg nicht verändert. Im Unterschied zu den Naturvölkern schmücken wir uns jedoch kaum, um uns vor bösen Geistern zu schützen. Trotzdem kann das Tragen eines Schmuckstücks noch heute einem Gebet gleichkommen. Schliesslich tauschen Mann und Frau nach wie vor Ringe, wenn sie sich die ewige Treue schwören. Es gibt Familienringe oder Siegelringe, die Zugehörigkeit zu einer bestimmen Gruppe oder Gemeinschaft ausdrücken. Junge Männer oder Frauen bekommen zur Konfirmation oder Firmung eine Uhr geschenkt. Ja sogar kleinen Kindern werden bereits Bernsteinketten umgehängt, weil das angeblich gegen die Schmerzen hilft, die auftreten, wenn sie die ersten Zähne bekommen. Jedem grossen Moment in unserem Leben wird mit einem besonderen Schmuckstück zusätzliche, weihevolle Bedeutung verliehen, wobei auch die Beständigkeit von Edelmetallen eine grosse Rolle spielt. Schmuckstücke sind ein Statement, eine Art persönliches Manifest. Der Symbolcharakter ist aus dem Schmuckatelier jedenfalls nicht wegzudenken, so wenig wie aus dem Tattoo-Studio: Wir leben in einer mit Tätowierungen überschwemmten Gesellschaft, und viele der Tattoos haben für den Träger eine ganz bestimmte, sehr individuelle Bedeutung. Die Tatsache, dass Tätowierungen nur mit grossem Aufwand wieder zu entfernen sind, verstärken ihre hohe symbolische Bedeutung noch. Bei näherer Betrachtung ist unsere eigene Kultur also gar nicht so arm an Schmucktraditionen, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte.

Unter diesen Gesichtspunkten wird der Gold- oder Silberschmied zu so etwas wie einem Zauberkünstler, einem Magier oder Priester. Sein Handwerk hat sich in 3000 Jahren nur wenig geändert. Es ist genauso beständig wie das Material, mit dem er arbeitet. Auch weltweit gibt es kaum lokale Unterschiede in der Verarbeitung. Die Arbeit mit Hammer und Amboss bleibt immer dieselbe, egal ob ein Schmuckhersteller am Rande der Sahara lebt, in den Bergwäldern von Thailand, in Kabul oder Damaskus oder in den Dschungeldörfern Borneos. (vgl. Klever, S. 51) Sein Ansehen ist jedoch nicht überall so hoch wie bei uns: In Afrika wird die Berufsgattung der Schmiede manchmal missachtet, aber immer gefürchtet. Bei den Tuaregs wird nur untereinander geheiratet, Schmiede wohnen ausserhalb der Gemeinschaft. Auch bei den Massai leben die Schmiede ausserhalb der Gemeinschaft, sie gelten als unrein. (vgl. Klever, S. 51) Ich hingegen bin völlig vorurteilsfrei und seit der Begegnung mit dem Goldschmiedmädchen überzeugt davon, dass Salomes Vater das goldene Los gezogen hat: Auf einer griechischen Insel im Ionischen Meer filigran verarbeitete Schmuckstücke herzustellen, mit dem tiefblauen Meer direkt vor der Werkstatttüre und 3000 Sonnenstunden im Jahr... was für ein sinnliches, inspirierendes Leben!


Quelle: Katrin & Ulrich Klever, Exotischer Schmuck, Mosaik Verlag

Freitag, 23. Juli 2010

Bettlaken - blütenweiss

«It's just a silly love song», scheppert es aus den Radioboxen auf dem Eisschrank. «Nur ein dummer kleiner Liebessong, was für eine zynische Aussage», denke ich, während ich mit der Glacézange energisch die letzten Reste Zitroneneis aus dem Behälter kratze, eine ziemlich schweisstreibende Arbeit. Wann ist die Liebe etwas für Zyniker geworden? Und: Gibt es da draussen eigentlich noch irgendjemand, der an die alles verzehrende, unvernünftige, grenzenlose Liebe glaubt? Da fällt mir Mrs Doubtfire ein, was mich gleich viel versöhnlicher stimmt. Mrs Doubtfire heisst natürlich nicht wirklich Mrs Doubtfire, das ist nur mein Spitzname für sie, und mit ihrer üppigen Statur, dem vollen Busen, dem weissen Haarbausch und den schmalen, rot geschminkten Lippen sieht sie der schrulligen Nanny aus der gleichnamigen Komödie verblüffend ähnlich. Mrs Doubtfire ist Engländerin, eine typische noch dazu. Ich könnte schwören, dass sie tagtäglich um fünf Uhr nachmittags an ihrer geblümten Teeservicetasse nippt und dabei wohlig seufzt: «Es geht einfach nichts über eine gute Tasse heissen Schwarztee!»

Mrs Doubtfire ist um die sechzig und kommt ungefähr einmal im Monat nach Zürich. Abgeholt wird sie immer von einem stattlichen, gut gekleideten Herrn in ihrem Alter. Ihr Bruder? Ihr Mann? Ihr Geliebter? Jedes Mal, wenn ich die beiden dabei beobachte, wie sie an meinem Stand vorbeischlendern, fällt mir der Schalk auf, der ihre Umgangsformen prägt. Wie stark gründen ihre Dialoge auf diesem unverwechselbaren Witz und der Schlagfertigkeit, die dem englischen Humor so eigen sind. Die grösste erogene Zone – das muss man diesen zwei liebenswerten Menschen nicht mehr beibringen – ist immer noch der Kopf.

Wie die beiden zueinander stehen, war lange ein Rätsel für mich. Ein Geheimnis, das sich letzte Woche gelüftet hat, als Mrs Doubtfire ganz überraschend an meinem Stand auftaucht und sich in einen Korbstuhl fallen lässt. Entschuldigend meint sie, ihr Abholer würde sich ausnahmsweise verspäten und langes Stehen wäre ihr aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich. Und während ich ihr meine Basilikum-Eiscreme mit Basilikum aus dem eigenen Garten zum Versuchen gebe, verrät sie mir andeutungsweise den Grund für ihre häufigen Besuche: «Ich bin sehr dankbar, dass ich James kennen gelernt habe.» Sie würden sich sehen, sooft es eben ginge, ausserdem würden sie häufig miteinander telefonieren. Sofort tauchen Bilder von langen, leidenschaftlichen Telefongesprächen zu allen möglichen Tages- und Nachtzeiten vor meinem inneren Auge auf. Dieses Mal sei sie für vier Tage gekommen, James habe ein Auto gemietet und wenn das Wetter mitspiele, würden sie Ausflüge in die nähere Umgebung unternehmen. Aber verheiratet, nein verheiratet wären sie nicht. «Eine romantische Liebesreise», denke ich und male mir eine Frühstückspension zwischen Lavendelfeldern aus, wo zwei Liebende nach einer leidenschaftlichen Liebesnacht bei Sonnenaufgang eine Tasse Kaffee trinken. Mrs Doubtfires Stimme reisst mich aus meinen Tagträumen: «Er hat sein Leben hier, ich habe mein Leben in England, ändern möchten wir das nicht».

Ich sinniere noch über ihre Worte nach, als meine Gedanken unterbrochen werden. Ein älterer, vornehmer Herr im guten Anzug nähert sich meinem Stand. Mrs Doubtfires Wangen werden rosig: «Da ist er ja, mein grossgewachsener, gutaussehender Mann!» Und dann lachen wir, es ist ein Verschwörerlachen, ein wissendes Lachen, ein Lachen von Frau zu Frau. «Mam, darf ich sie entführen», sagt James und hält Mrs Doubtfire den Arm hin. Sie hakt sich bei ihm unter und gemeinsam spazieren sie davon, während sie sich unterhalten, mit dieser typischen wohlerzogenen, zurückhaltenden Höflichkeit. «Diese Generation von Engländern ist wirklich noch so», denke ich, während ich ihnen nachschaue. Sofort bin ich bereit, der Liebe nochmals eine Chance zu geben. I am trapped. Ich bin ein hoffnungsloser Fall.

Allein bin ich mit dieser Liebessehnsucht allerdings bei weitem nicht. Genau genommen gründen ganze Industrien darauf. Seit einigen Jahren gesellen sich zur Hollywood-DVD-Sammlung im Büchergestell auch hier im Westen zusehends mehr Bollywood-Filme. Die Inder produzieren über 700 Filme pro Jahr und haben damit eine der grössten Filmindustrien der Welt, grösser noch als die Traumfabrik Hollywoods. Der indische Schriftsteller Kiran Nagarkar dazu: «Bollywood beeinflusst in Indien jeden Lebensaspekt auf ganz ungeahnte Art und Weise.» In Indien hat man für Angelina und Brad nur ein müdes Lächeln übrig. Die Inder haben ihre eigenen Stars, und ja, die Schönheit dieser Menschen, insbesondere die der Frauen, ist von ganz anderer Qualität, hat etwas Tiefes und Geheimnisvolles und nichts Dümmliches wie im Westen. Bollywood, das ist die Art von Kino, bei der man in der Pause ekstatisch seufzt: «Ja, gebt mir mehr!» Es ist ein Schmachten, ein sich-fallen-lassen, es ist pure Hingabe. Ein ständiges Wechselbad der Gefühle. Pure, unverblümte Leidenschaft.

Würde in unser aller Leben nicht eigentlich viel mehr Leidenschaft gehören? Warum spannen wir den Schirm auf wenn es regnet, anstatt im Sommerregen zu tanzen, warum nehmen wir die Zahnbürste mit, wenn wir auswärts übernachten, warum haben wir noch immer den gleichen Job, obwohl er uns seit Jahren langweilt? Das Leben ist so kostbar. Machen wir etwas draus! Verbringen wir mehr Zeit mit Leben und weniger auf «facebook», küssen wir endlich den Mann, den wir schon lange begehren, tanzen wir in der Küche, wo uns die Nachbarn sehen können, machen wir jobmässig endlich das, was wir wirklich wirklich wollen, springen wir dem Teufel vom Karren, ja sind wir endlich wieder einmal leidenschaftlich! Das Leben hat keine Öffnungszeiten und der Schleudersitz ist unser bevorzugter Platz. Ergreifen wir die Chance, wachen wir endlich auf, wagen wir, verzeihen wir, singen wir laut im Frühlingsregen und schreien ja! Ja! Ja! in die Frühlingsnacht hinaus.

Das Bollywood-Kino malt die ganz grossen Gefühle an die Wand, es ist überschwänglich und im wahrsten Sinne des Wortes unersättlich. Übertrieben, sagen wir im Westen. Kitschig. Bollywood-Fans werden verächtlich als hoffnungslose Romantiker abgetan. Doch warum, frage ich mich, wird Romantik so geringschätzig betrachtet? Vielleicht weil sie etwas Naives an sich hat. Und niemand möchte in der Welt, in der wir heute leben, als naiv angesehen werden. Natürlich erfüllen solche Filme auch einen Zweck. Wir erwarten von ihnen, dass sie uns in eine andere Welt versetzen, einer Realitätsflucht gleich. Aber könnten sie uns nicht auch als Inspiration dienen? Könnten sie für uns nicht Anstoss sein, mehr auszubrechen, ein Leben zu führen mit blütenweissen Bettlaken wie im Film? Ich glaube, wir alle könnten leidenschaftlicher sein, wenn wir es denn nur wollten. Visionen müssen sich nicht eins zu eins manifestieren, wie wir sie uns erträumt haben. Sie weisen uns nur den Weg. Romantische Filme geben uns die Richtung vor, sie sind wie Sterne, an denen wir uns orientieren können. Doch Sattheit ist leider schwer in Bewegung zu bringen. Viel zu oft verpassen wir die Gelegenheit um verrückt, unvernünftig und ein bisschen wild zu sein.

Ich muss noch eine Weile über die «Besuchsehe» nachdenken, von der Mrs Doubtfire gesprochen hat. Ein Modell, das grössten Reiz auf mich ausübt. Schliesslich ist die Vorfreude in der ersten Zeit des Verliebtseins elementar, dieses fiebrige Element, das uns so lebendig macht. Und in einer Besuchsehe geht es nie verloren, die Leidenschaft erkaltet nie, die weissen Bettlaken haben nie ausgedient, müssen niemals der Bico-Matratze und dem atmungsaktiven Gänsefedernduvet weichen.«Mrs Doubtfire hat sich einen lover genommen!», denke ich, und ein schelmisches Grinsen überzieht mein Gesicht. Wie anrüchig und frivol, wie leidenschaftlich! Sollten wir uns von der Liebe nicht vor allem dann fürchten, wenn sie ihren gewohnten Gang nimmt, wenn das Gegenüber plötzlich allzu selbstverständlich wird, wenn das eigene Liebesleben plötzlich allzu «prosaisch» wird, also «frei von romantischen Gefühlswerten?» Die «neue Sachlichkeit» ist eine Stilrichtung, die in der Kunstwelt ihre Berechtigung hat. Für unser Leben ist sie denkbar ungeeignet. «Mehr blütenweisse Bettlaken!», ist die Parole, die es auszugeben gilt. Wir alle sind die Regisseure des Films, der unser Leben bedeutet. Deshalb können auch nur wir ganz allein dem Drehbuch mehr «masala» beimischen.

Dienstag, 8. Juni 2010

Labour of love

In der Gepäckhalle hatte ich letzte Woche eine rührende Begegnung mit einem älteren Herrrn. Noch tagelang hat mich die Erinnerung an ihn begleitet. Er mühte sich gerade in der Zollhalle mit einem sperrigen Gepäckstück ab, als ich zu ihm hineilte und ihm dabei half, seinen schweren Reisekoffer auf eines der Gepäckwägelchen zu hieven. Noch etwas ausser Atem, aber sichtlich gerührt, begann er zu erzählen: Als Gastarbeiter jung von Italien in die Schweiz gekommen, sei er vierzig Jahre lang für jene Firma tätig gewesen, die bis heute die Gepäcktrolleys für Flughäfen und Bahnhöfe entwickelt und produziert. Plötzlich bekamen die schwer steuerbaren Ungetüme, die die wuchtigen Gepäckwagen in meinen Augen bisher gewesen waren, ein ganz anderes Gesicht. Sein liebevoller Blick hauchte ihnen Leben ein. Ich stellte mir vor, wie er in einer grossen, schlecht beleuchteten Fabrikhalle in einem tintenblauen Arbeiter-Overall tagein, tagaus, Metallteile ausgestanzt und zusammengeschweisst hat. In der Pause schob er sich die Schweisserbrille auf die Stirn und wickelte das Fleischkäse-Sandwich aus der Alufolie, das seine Frau morgens liebevoll für ihn vorbereitet hatte, oder er genehmigte sich ein Rad eines aus Italien mitgebrachten, selbstgeräucherten Salamis. Vielleicht wechselte er auch ein paar scherzende Worte mit dem Arbeitskollegen aus dem Heimatland oder inhalierte rasch eine rote Marlboro, nur um sich dann wieder seiner Arbeit zuzuwenden. Acht Stunden täglich, sechs Tage die Woche. Labour of love.

Heute verwenden junge Menschen sehr viel Energie darauf, herauszufinden, welcher Arbeit sie ihr Leben widmen möchten. Und das nicht ohne Grund. Wir identifizieren uns mit unserer Arbeit wie mit nichts Vergleichbarem. Indem wir arbeiten, hören wir auf zu WERDEN und fangen an zu SEIN. Arbeit ist weit mehr als blosses Geldverdienen. Arbeit schenkt uns Identifikation. Dabei spielt es keine Rolle, ob man als Arzt Menschenleben rettet, in der Strassenbahn Fahrkarten kontrolliert oder von Haus zu Haus geht und Staubsauger verkauft. Wichtig ist, dass unsere Arbeit etwas mit uns zu tun hat, dass sie einen Resonanzboden bildet. Im besten Falle schafft Arbeit einen Raum, in dem wir uns entfalten können.

Mein alter Mann wird die Gepäckwagen nie mehr nüchtern als das betrachten können, was sie eigentlich sind: metallene Gefährte auf Rollen. Die Beziehung, die wir zu unserer Arbeit eingehen, verändert unseren Blickwinkel auf die Welt für immer. Wir sind heute in der glücklichen Lage, dass wir die Freiheit haben, selbst zu entscheiden, womit wir uns beschäftigen möchten. Mein Gastarbeiter hatte diese Freiheit kaum. Es war purer Zufall, dass er ausgerechnet in der Metallindustrie und darin in der Produktion von Gepäcktrolleys tätig war. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, die Gepäcktrolleys zu «seinen» zu machen und vierzig seiner kostbaren Jahre in diese eine Sache zu investieren. Ein guter Arbeiter vereint Tugenden wie Pflichtgefühl, Treue und Disziplin auf sich. Im Austausch gegen Lohn stellt er seiner Firma weit mehr als nur seine Arbeitskraft und sein Know-How zur Verfügung. Er gibt ihr auch etwas, das sich nicht mit Vorschriften einfordern lässt: Ein Stück seiner eigenen Menschlichkeit.

Diese Vereinnahmung durch Arbeit kann im schlechtesten Fall soweit führen, dass Menschen im Hamsterrad der Lohnarbeit abstumpfen. Die Begründer der «New Work»-Bewegung des amerikanischen Sozialphilosophen Frithjof Bergmann will Menschen dazu inspirieren, der Frage nachzugehen, welche Arbeit sie wirklich wirklich tun möchten. Bergmann spricht in seinem Grundlagenwerk «Neue Arbeit, neue Kultur» davon, dass eine Arbeit ein unglaublicher «Zug» entwickeln kann. Arbeit, welche die Menschen fasziniere und mitreisse, Arbeit, die sie liebten und der sie sich hingeben könnten, entfessle mehr Kräfte in den Menschen, als sie zu besitzen glaubten. Bergmann: «Wir werden Teil einer grösseren Situation, und diese Situation bringt unerkannte Energien in uns zum Vorschein.» (Bergmann, S.14). Arbeit sollte uns so viel Spass machen, dass wir ihr restlos verfallen können. Von der Leidenschaft, die die Arbeit in einem entfesseln kann, schreibt auch der Philosoph Peter Bieri: «Nichts schafft so intensive Gegenwart wie eine Leidenschaft. Leidenschaft – das ist eine Organisation der inneren Zeit, welche diese Zeit in besonderer Zeit zu meiner Zeit macht. Sie schafft, könnte man sagen, angeeignete Zeit.» (Bieri, S. 426)

Letztendlich geht es also darum, dass jemand lebt und nicht gelebt wird. Das soll auch der Gesellschaft als Gesamtes einen Nutzen bringen. Die «New Work»-Bewegung hat die Vision eine Gesellschaft, in der die Menschen zu einem Drittel ihrer Zeit einer regelmässigen Erwerbsarbeit nachgehen, zu einem Drittel Selbstversorger sind und zu einem Drittel das tun, was sie wirklich wirklich wollen. Die Menschen sollten so erfüllter und mit mehr Vitalität und Freude durchs Leben gehen und sich dadurch stärker, fröhlicher und lebensvoller fühlen. Letztendlich geht es um nichts Geringeres als darum, sich selbst und damit die ganze Gesellschaft als lebensfähiger und zufriedener zu erleben. Selbst- und nicht fremdbestimmt zu sein. Denn: Wer Respekt hat für seine Arbeit, hat auch Respekt für sich selbst.

Auch nachdem ihr Erschaffer gegangen ist, stehen die Gepäckwagen noch da, aufgereiht wie diensteifrige Soldaten, und warten auf ihre Pflichterfüllung. Sie sind aus robustem Metall gefertigt, viel robuster als Einkaufwagen in Supermärkten, und strahlen den Nimbus der Unzerstörbarkeit aus. Der alte Mann ist mit gutem Recht stolz auf eine Fabrikation, die ihren Zweck noch heute erfüllt. Offenbar hat man bisher noch keinen Grund gesehen, die Gepäckwagen durch zeitgemässere Modelle zu ersetzen. Wer weiss, wie viele Abermillionen Reisende bereits Berge von Gepäck auf ihnen transportiert haben, und dennoch existieren sie einfach weiter. Das, was der Mann mit seinen eigenen Händen erschaffen hat, erfüllt heute noch seinen Zweck, obwohl er selbst längst aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden ist. Es scheint, als hätte er der Nachwelt etwas hinterlassen, das Bestand hat für die Ewigkeit. Ich frage mich, ob in uns allen die heimliche Sehnsucht verborgen liegt, der Welt etwas zu hinterlassen, das über unseren Tod hinausführt. Etwas, das wirklich von uns kommt. Das einzige, das wir tun müssen, ist dem enormen Potential von guter Arbeit zu vertrauen. Arbeit, der man sein ganzes Leben widmen kann, die einem belebt und von innen her erneuert. Das wird weite Kreise ziehen. Weiter, als wir heute jemals denken könnten.


Quellen:

Bergmann Frithjof: Neue Arbeit, neue Kultur
Bieri, Peter: Das Handwerk der Freiheit. Über die Entdeckung des eigenen Willens. Hanser

Montag, 31. Mai 2010

Mein Körper und ich möchten verreisen

Manchmal verspüre ich diese unbändige Lust, eine längere Reise zu unternehmen und damit mein eigenes Selbst zur Disposition zu stellen. Sämtliche Bindungen zu lösen, alte Fesseln loszuwerden, Abstand zu gewinnen, vom eigenen Leben, und manchmal auch vom eigenen Selbst. Die Schriftstellerin Francesca Marciano hat einst gesagt: «Ein Reisender ist jemand, der eingewilligt hat, die Kontrolle aus der Hand zu geben.» Menschen reisen – soviel ist mir klar – aus ganz unterschiedlichen Gründen. «Daheim-Menschen» finden reisen vor allem anstrengend. Für sie ist es ein energetisches Problem, und zwar gleich auf zwei Ebenen: Einerseits ist da die physische Anstrengung. Um einen Körper von A nach B zu bewegen, muss Energie freigesetzt werden, lernen wir im Physikunterricht, und der eigene Körper stellt hier leider keine Ausnahme dar. Hinzu kommt eine unbestimmte, psychische Anstrengung, denn irgendwie muss der Mensch all die neuen Sinneseindrücke verarbeiten. Wer sich das nicht mehr gewohnt ist – jemand, der aus gesundheitlichen Gründen an einen Ort gebunden ist, beispielsweise – kann auf Reisen eine regelrecht Reizüberflutung erfahren. Die hungrigen Sinne, die auf einer Reise urplötzlich ein solches Übermass an Nahrung erhalten, können den Reisenden in einen übermütigen, geradezu rauschartigen Zustand versetzen. Beim Reisen gibt es keine sanften Übergänge, auch keine lauwarmen Gefühle. Das macht es zu einem solch unberechenbaren Unternehmen. Es gibt das An-Ort-Treten, und es gibt das Unterwegssein. Und es gibt einen schmalen Streifen Übergang: den Flughafen.

Der Flughafen ist eine Schatzkammer an Gefühlen und Emotionen. Menschliche Freudenmomente und Tragödien ereignen sich auf engstem Raum. Am Flughafen befindet sich statistisch gesehen eine überdurchschnittlich hohe Zahl an Menschen in einer Ausnahmesituation; einem Krankenhaus nicht unähnlich. Doch im Unterschied zum Krankenhaus haben sich die Reisenden freiwillig in diese Situation begeben. Genau das macht das Reisen auch so «thrilling»: Die Tatsache, dass man aus freien Stücken eingewilligt hat, die Kontrolle aus der Hand zu geben. Das ist wie auf einem 10-Meter-Sprungbrett zu stehen im klaren Bewusstsein darüber, dass man sich jetzt dann gleich fallen lassen wird. Über die Massen Angst einflössend – und gleichzeitig über die Massen erregend.

Für Menschen, die das Reisen lieben, ist es körperlich genauso anstrengend wie für «Daheim-Menschen» – nur wird ihnen die Energie, die sie verlieren, an einem anderen Ort gleich wieder zugeführt. Ein passionierter Reisender erlebt es als sehr lustvoll, sich dem Strom des Lebens hinzugeben, neue Dinge zu erfahren, nicht zu wissen, was der nächste Tag, die nächste Stunde, ja was der nächste Moment bringen wird. Der Erfahrungshunger treibt ihn an. Reisen ist eine sehr vielschichtige Herausforderung, vielleicht eine der vielschichtigsten überhaupt, und passionierte Reisende erleben es als äusserst erhebend, sich ihr zu stellen. Reisen hat aber auch ein reduktionistisches Element. Eine längere Reise zu unternehmen bedeutet, für einige Wochen nichts anderes zu besitzen als ein paar Kleidungsstücke, ein Buch und die eigene Geschichte.

Dann wird Reisen zum Wunderinstrument, ähnlich einem Vergrösserungsglas. Es vermag den Fokus auf jene Dinge zu richten, die in unserem Leben gerade wirklich wichtig sind, alles andere fällt von uns ab. Unterwegs erkennen wir klarer, was Beziehungen uns bedeuten, woran es uns mangelt, was derzeit unser Bedürfnis ist und können dann «neu sortiert» nach Hause zurückkehren. Gesetzten Falles, wir lassen diese Gedanken überhaupt an uns heran. Andernfalls kann Reisen auch einfach eine intelligente Art der Zerstreuung sein. Auf jeden Fall ist Reisen – betrachtet man es vom Standpunkt einer bewussten Lebensgestaltung aus – ein ganz besonders effektvolles Stilmittel. Der Entscheid, sich auf eine längere Reise zu begeben, hat nicht selten direkt etwas mit unseren Lebensumständen zu tun. Wir reisen in Übergangsphasen. Vor dem Beginn eines Studiums, vor Antritt einer neuen Stelle, vor der Geburt des ersten Kindes. Jede Reise hat ihren Grund, ihre innere Logik. Junge Erwachsene begeben sich gerne auf eine längere Reise, um die Bindung zum Elternhaus zu kappen, wir reisen aus Gründen der spirituellen Selbsterfahrung, ja manchmal kommt Reisen sogar einer Flucht gleich, um sich aus alten Mustern zu befreien. Wenn wir aufbrechen, verändert sich der Rhythmus unseres Lebens, aus Kontrollverlust wird Tempogewinn, die unendliche Anzahl an Möglichkeiten lockt, hinzu kommt intensives Erleben, weil wir jegliche Sicherheiten hinter uns lassen. «Wer will schon ein durch Sicherheiten eingeengtes Leben?», fragt sich Amelia Earhart, US-amerikanische Flugpionierin. Und Francesca Marciano sagte einst: «Sich in Gefahr zu begeben heisst, sich bis ins Innerste berühren zu lassen.»

Niemand kommt als der gleiche Mensch von einer Reise zurück, als der er aufgebrochen ist. Fast immer bedeutet Reisen das Aufbrechen von alten Mustern, was im Wort Auf-Bruch eigentlich bereits verborgen liegt. Wenn innerlich etwas aufbricht, kann das sehr schmerzhaft sein. Daher sollte es eigentlich nicht erstaunen, dass es immer wieder Menschen gibt, die auf einer Reise ernsthaft psychisch erkranken. Dafür gibt es unzählige Beispiele aus der Vergangenheit. Albert Camus, Annemarie Schwarzenbach oder Nicolas Bouvier sind berühmte Reisende, die in der Fremde eine schwere Krise durchleben mussten. Eine Reise, zum Beispiel eine Pilgerreise, kann mit einem Heilsversprechen locken und es manchmal sogar erfüllen. Doch leider kann auch das Umgekehrte passieren und jemand verliert durch eine Reise völlig den Boden unter den Füssen. An seinen Polen – ob positiv oder negativ - ist Reisen immer eine Grenzerfahrung. Die Frage ist nur noch, in welche Richtung das Pendel ausschlagen wird. Reisen ist ein grosses Wagnis, der gestiegene Komfort von heute hat daran nichts geändert. Obwohl die Rückkehr in der heutigen Zeit – anders als früher – als selbstverständlich angesehen wird und bereits im Element der Abreise angelegt ist, hat eine Reise dennoch immer etwas Endgültiges. Abschied bedeutet Verlust. Jede Reise enthält die Erfahrung des Verlustes und schafft gleichzeitig Platz für Neues. Die äussere Befreiung, für die man sich entscheidet, zieht nicht selten eine innere Befreiung nach sich. Und am Ende steht die Befriedigung, das Abenteuer einer Reise bestanden zu haben. Das macht stolz. Und mutig. Und Lust auf mehr. Gegen das Reisen gibt es, ähnlich wie beim Küssen, ganz einfach nichts einzuwenden.

Freitag, 14. Mai 2010

Der Panorama-Blick im Herz

Ich habe verschiedene Standorte für meinen kleinen, fahrbaren Eiscrèmewagen. Doch am Liebsten arbeite ich im Aussendock, direkt vor der Glasfassade. Ich mag die grossen Fenster, die dem Tageslicht dieses Übermass an Raum zugestehen. «Die Schönheit eines Flughafens», schrieb bereits Le Corbusier, «liegt in der Pracht des offenen Raumes». Seine Tage am Fenster zu verbringen, bedeutet, nicht eine einzige Verfärbung des Himmels, nicht eine Stimmung oder Wolkenformation zu missen, ohne den Elementen als solches ausgesetzt zu sein. Die Weite vor meinem Fenster erinnert mich an die unermessliche Weite des Ozeans. Habe ich gerade nicht viel zu tun, stelle ich mir zum Spass manchmal vor, ich würde mich an Bord eines riesigen Ozeandampfers befinden.

Es ist eine Art Spiel von mir. In meiner Vorstellung befindet sich auf der untersten Etage – dort, wo die ankommenden Passagiere aus den Fluggastbrücken strömen – das Unterdeck mit dem Maschinenraum. Von den schmucklosen Betongängen führen die einzelnen Türen zu den Kabinen der Besatzung. Auf der Ebene darüber – dort, wo die abfliegenden Passagiere das Boarding ihres Flugzeugs warten – öffnet sich die Rundsicht, hier beginnt das Leben zu pulsieren, kleine Läden reihen sich aneinander, Cafés laden zum Verweilen ein. In meiner Fantasie verschwinden die modernen Reisenden mit Laptop und Kopfhörer und machen den Damen in eleganten Roben Platz, die – eingehängt am Arm eines eleganten Herrn in feinem Zwirn – über Deck flanieren, lesen, Schach spielen, hinter vorgehaltener Hand über die Mitpassagiere tuscheln oder einfach nur die Sonne geniessen. Auf der obersten Etage - dort, wo sich in Wirklichkeit Zuschauerterrasse und die Lounge befinden – breitet sich ein grosses Sonnendeck vor meinem inneren Auge aus, mit Liegestühlen, in denen die Transatlantik-Passagiere in der sechs Tage dauernden Überfahrt stundenlang vor sich hindösen werden. Ist der grosse Moment des «Leinen los!» gekommen, stellen sich die Reisenden an die Reling und winken den Zurückbleibenden auf der Mole zum Abschied zu. Selbst als das Getöse der Motoren ohrenbetäuend wird, stehen sie noch dort sehen dabei zu, wie die Silhouetten am Ufer kleiner und kleiner werden – bis sie nur noch als winzige Punkte am Horizont zu erkennen sind und schliesslich ganz verschwinden.

Lange Zeit war das Meer ein angstbesetzter Ort. Kaum jemand wäre in früheren Zeiten auf die Idee gekommen, ohne zwingenden Grund das Meer aufzusuchen. (Clausen, S. 82) Erst mit der Urbanisierung veränderte sich die Einstellung zum Meer. Plötzlich schien das Meer mit seiner Dauerhaftigkeit und seiner unendlichen Weite dem flüchtigen Stadtleben überlegen. Das Meer als Gegenkonzept zum hektischen, krank machenden Stadtleben wurde zum Sehnsuchtsort, genau wie die Berge. Für den «neuen Menschen» ist das Meer ein Ort der Kontemplation und des Lichts, der ihm die Möglichkeit gibt, sich selbst zu relativieren (Clausen, S.82). Eine offene Landschaft, die ausserhalb von Raum und Zeit steht. «Wer am Meer entlanggeht, der sieht in allem etwas Fernes, anders als nur in geografischem Sinn», hat der ungarische Schriftsteller Sandor Marai einst gesagt. Ob todbringend oder beschwichtigend, das Meer hat ohne Zweifel eine besondere Wirkung auf die menschliche Seele. «Sand in my shoes», singt die Popsängerin Dido und beschwört damit diesen leicht entrückten Zustand herauf, den ein Tag am Meer in unserer Gefühlswelt hinterlässt und uns mitunter noch tagelang begleitet.

«Wohnen sie am Meer?», das ist eine Frage, die ich meinen Kunden häufig stelle. Sie interessiert mich deshalb so brennend, weil sie zu einer Thematik gehört, die mich schon lange beschäftigt: Fördert die Weite vor unserer Haustür die Weite unseres Denkens? Werden wir offener, durchlässiger, toleranter? Überträgt sich der Panorama-Blick in unser Herz? Zuerst sind die meisten Befragten etwas irritiert angesichts der Unvermitteltheit meiner Frage. Ist der erste Moment der Verwunderung einmal überwunden, geben sie jedoch meistens sehr freudig Auskunft. Die häufigste Antwort, die ich bekomme, verblüfft mich immer wieder aufs Neue, denn sie lautet: «Wir wohnen zwar am Meer, doch wir spazieren nur äusserst selten am Strand.» Um dann meistens noch halb entschuldigend hinzuzufügen: «Das, was man von der eigenen Haustüre hat, weiss man eben einfach zu wenig zu schätzen.» Zeigt sich das Meer also zu offensichtlich, scheint es seine Wirkung zu verlieren. Und muss wie eine Diva jede Gelegenheit nutzen, um auf sich Aufmerksam zu machen. Es wird launisch, wild und unberechenbar. «Das Land ist sicher, auf das Meer ist kein Verlass», hat bereits der Griechische Philosoph Pittakos gesagt und bringt damit diese Urangst des Menschen vor dem Meer zum Ausdruck. Im Grunde genommen ist das Meer ein menschenfeindlicher Ort.

Und dennoch lassen wir im Sommer keine Gelegenheit aus, ans Meer zu fahren. Das Meer ist ein beliebter Ort für Spiel, Spass und Freizeit. «Warst du schon mal am Meer?», fragt das Kind seine Freundin. Die ersten Ferien am Meer prägen sich tief in die Erinnerung ein. Noch als Erwachsene lässt uns das Salz, das wir nach dem Schwimmen auf unseren Lippen schmecken, an längst vergangene, unbeschwerte Kindertage zurückdenken. Das Meer ist aber auch ein bevorzugter Ort, um seine Gedanken schweifen zu lassen und den Kopf frei zu bekommen. Welche Tätigkeit eignet sich besser, um über sich und sein Leben zu reflektieren, als ein Spaziergang am Strand? Aus der Sicht der Ästhetik des Erhabenen, wie sie von Kant entwickelt wurde, kann das Innehalten am Strand eine besondere Schwingung des Ich auslösen, das sich erregt den Elementen gegenübersieht. Am Meeresufer, dort, wo Luft, Wasser und Erde ineinander übergehen, treffen die elementarsten Kräfte aufeinander. «Die Leere des Ozeans, zum metaphorischen Ort des persönlichen Schicksals erhoben, lässt den Strand als einen Grenzbereich erscheinen, der den Spaziergänger, unentwegt den Rhythmen des Wassers und des Mondes ausgesetzt, zu einer periodischen Lebensbilanz auffordert.» (Corbin, S.214)

Das Meer lädt uns aber nicht nur ein, über uns selbst nachzudenken, es kann auch eine Metapher sein für die unendliche Zahl an Möglichkeiten, die das Leben zu bieten hat. Demnach würde das Meer uns stetig zuflüstern: «Komm, verändere dich!» Es selbst macht es ja nicht anders. Dem Wind und den Kräften des Mondes ausgesetzt, ist das Meer nichts anderes als ein Sinnbild für Veränderung. Es wechselt von Ebbe zu Flut und dann wieder zu Ebbe, es lässt die Wellen branden, nur in seltenen Momenten liegt es still und schön da wie ein Seidentuch. Auch für Generationen von Auswanderungswilligen bedeutete das Meer nach der Entdeckung Amerikas das Tor in eine neue Welt. Sie mussten das Leben, so wie sie es gekannt hatten, hinter sich lassen im Wissen darum, dass sie niemals zurückkehren würden. Sich hingeben. Sich den Wellen und dem Meer überlassen, den Launen der Natur, der Technik, dem eigenen Schicksal. Es war der grosse, beherzte Sprung in ein neues Leben.

Besonders schön ist es im Aussendock, wenn die Sonne scheint. Die direkte Sonneneinstrahlung verleiht jedem Staubkörnchen Glanz, die Sitzreihen werden in ein goldenes Licht getaucht. Sonne und Architektur ist ein hinreissendes Paar. Alles wirkt plötzlich so anmutig, so überaus erhaben. Und manchmal, ja manchmal, wenn nachmittags die Sonne scheint und ich blinzeln muss, weil die Schneeberge der Glarner Alpen in der Ferne verführerisch glitzern, kommt es mir vor, als könnte ich am fernen Horizont die Fackel der Freiheitsstatue verheissungsvoll schimmern sehen.

Quellen: Corbin, Alain. «Meereslust». Das Abendland und die Entdeckung der Küste. Wagenbach.
Clausen, Jens. «Das Selbst und die Fremde». Über psychische Grenzerfahrungen auf Reisen. Edition Das Narrenschiff.

Donnerstag, 25. Februar 2010

Kultureller Hybrid sein-werden

Jeder, der bei mir eine kurze Rast einlegt, ist auf der Durchreise. Bei mir können die Reisenden für einen kurzen Augenblick innehalten und verweilen, sich eine Atempause gestatten, um kurze Zeit später wieder aufzubrechen, an den Ort ihrer Bestimmung. Die Gründe für ihre Reisetätigkeit sind äusserst vielfältig: Manche reisen aus geschäftlichem oder familiärem Anlass, andere aus Liebe, für andere ist Neugierde und Abenteuerlust Hauptantriebskraft. Nicht wenige erhoffen sich an einem anderen Ort ein besseres Leben. Ganz besonders freut es mich da, wenn jemand eine Reise unternimmt um der Freundschaft willen. Denn gute Freunde im Ausland zu besuchen – egal wo auf der Welt – ist meiner Meinung nach der nobelste aller Gründe zu reisen.

So wie Evelin Rinderknecht, mit der ich heute Bekanntschaft gemacht habe. Ihre Freunde leben seit Jahren in Bangkok. Die Wartezeit bis zum Abflug wollte sich die ältere Dame mit einer guten Tasse Grüntee verkürzen. «Wissen sie, ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, jeden Tag eine Tasse Grüntee zu trinken», verrät sie mir und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: «Das mache ich seit vierzig Jahren. Heute bin ich 75 Jahre alt und noch immer kerngesund.» Die Dame ist in Plauderlaune. Als ich ihr den Weg zum nächsten Restaurant mit Grüntee zeigen will, hört sie gar nicht hin und beschreibt mir stattdessen ihr gewohntes Bangkok-Programm: «Das Flugzeug setzt am Morgen in aller Frühe auf thailändischem Boden auf. Sobald ich die Einreiseformalitäten erledigt habe und meine Koffer vom Band gefischt habe, nehme ich mir ein Taxi und fahre zum Klub. Dort spiele ich für den Rest des Tages Bridge.» Ich stelle mir die alte Dame vor, wie sie in einem Salon im Kolonialstil um den Bridge-Tisch sitzt, und muss unvermittelt lächeln. Der Deckenventilator im abgedunkelten Raum dreht unermüdlich seine Runden, die tropische Hitze macht sogar die Stubenfliegen träge. Nur die lebhafte Alte in ihrem grasgrünen Kostüm und dem sorgfältig nachgezogenen Lippenstift – immerhin hat sie gerade einen zwölfstündigen Flug hinter sich – wirkt noch so taufrisch wie aus dem Modekatalog. Und mit dem Gin Tonic-Glas in der einen, und den Bridge-Karten in der anderen Hand feiert sie lautstark jeden errungenen Sieg.

Wenn dann um halb sieben die Dämmerung über die Millionenstadt hereinbricht, setzt sich die Dame wahrscheinlich in den Drawing room und gestattet sich mit ihren Freunden eine Kleinigkeit zu Essen. Aus Freude über das Wiedersehen wird wahrscheinlich eine gute Flasche Rotwein entkorkt. Im Kreise von Freunden, diese Erfahrung ist universell, schmeckt der Wein ganz besonders mundig und das Zirpen der Grillen kann leicht einen verheissungsvollen Klang annehmen. Die Stunden vergehen wie im Flug, bei so vielen Wochen des Getrenntseins hat man sich ja auch viel zu erzählen! In Nächten wie diesen, da tanzt der Geist, auch wenn es der Körper nicht mehr zulässt. Im Gespräch schwingt man sich gegenseitig zu neuen Höhen auf, lacht, tauscht Erfahrungen aus, bringt sich gegenseitig auf noch nie gedachte Gedanken. Und wenn man dann im ersten fahlen Licht des anbrechenden Tages todmüde ins Bett fällt, ist man einfach nur noch überglücklich.

Obwohl reisen immer mit Anstrengungen verbunden ist, nehmen wir den weiten Weg zu einem guten Freund mit einem Lächeln kauf. Nie ist es uns leichter gefallen, aufzubrechen. Nie haben wir weniger gezögert. Weil wir wissen, dass die Zeit, die wir mit diesem feinen Mensch verbringen werden, unschätzbar kostbar ist für uns und durch kein Geld der Welt aufzuwiegen. In der Liebe hingegen ist das anders. Liebesbeziehungen werden heute über kulturelle und geografische Grenzen hinweg eingegangen, Liebesgeständnisse reisen via E-Mail, Handy und Internet innert Hundertstelsekunden über die sieben Weltmeere. Unsere Zeiten scheinen mit den neuen Kommunikationskanälen geradezu dafür gemacht, der Liebe eine weitere Dimension zu geben. Wer sich sehnt, fühlt intensiver. Doch dieses sich-nacheinander-verzehren kann kein Dauerzustand sein, irgendwann muss es ein Ende haben, eine Paarbeziehung braucht die Perspektive, den Alltag. Man lebt von Begegnung zu Begegnung; unentwegt herrscht der Ausnahmezustand. Und liegen sich die Liebenden dann endlich in den Armen, beginnt auch schon wieder die lähmende Angst vor der Stunde des Abschieds von ihnen Besitz zu ergreifen. Es ist ein ständiger Wettlauf gegen die Zeit.

Liebe ist die Schnittmenge zweier Lebensrealitäten. Zu lieben bedeutet, sich zu bekennen. Zu einer Person. Einer Herkunft. Einer Kultur. In einer Freundschaft hingegen ist man viel freier in seiner Entscheidung, welche Elemente, die der Freund repräsentiert, sich ins eigene Leben integrieren lassen. Die ältere Dame wurde damals wahrscheinlich von ihren thailändischen Freunden ins Bridge-Spiel eingeführt. Und auch die Tatsache, dass Grüntee gesund ist und das Wachstum von Krebszellen hemmen kann, hat sie vermutlich von diesen Freunden zum ersten Mal gehört. So konnte sie diese zwei lieben Gewohnheiten in ihren Lebensalltag integrieren, ohne deswegen gleich zum Buddhismus zu konvertieren oder den thailändischen König mit blindem Eifer zu verehren. Das Trennende ist in einer Freundschaft genauso selbstverständlich wie das Gemeinsame. In einer Paarbeziehung hingegen wird das Trennende immer gleich als beziehungsgefährdend eingestuft. Es erfordert viel Hingabe und Geduld von beiden Seiten, Gräben aufzufüllen und Brücken zu errichten. In einer transkontinentalen Freundschaft hingegen kann man ganz zwanglos ein kultureller Hybrid werden.

Freunde und Ausland – meiner Meinung eine hinreissende Kombination. Auch deshalb, weil eine Freundschaft eine kulturelle Innenansicht liefert, die man in keinem Reiseführer der Welt findet. Das ist horizonterweiternd, ohne im Geringsten einzuengen. Auf eine sehr leichte, unbekümmerte Weise erhält man so einen tiefgreifenden Einblick in die Kultur des anderen, ähnlich dem Blick durch ein Kaleidoskop. Die einzelnen Muster vermischen sich ineinander und lassen so ein neues, viel komplexeres Gebilde entstehen. Verallgemeinerungen lässt man schnell hinter sich, um sich auf einer viel persönlicheren Ebene zu begegnen. Man nimmt den fremden Ort durch die Linse des Freundes wahr – und dadurch scheint er gleich nicht mehr so fremd. Wir fühlen uns dem fremden Land, der fremden Stadt plötzlich zugehörig, weil der Freund uns ein Gefühl von Heimat, von Geborgenheit geben kann. Auch die Bridge-Spielerin betrachtet Bangkok mittlerweile wahrscheinlich ein bisschen als ihre zweite Heimat. Weil sie Freunde hat in diesem Teil der Welt, ein Sicherheitsnetz. Ein emotionales Backup.

Eine metallische Stimme erklingt aus den Lautsprechern: «Frau Evelin Rinderknecht, bitte begeben Sie sich umgehend zum Ausgang E53.» Meine Bridge-Spielerin fährt zusammen. «Das bin ich!» Schnell rafft sie ihre Siebensachen zusammen. «Ihr Ausgang ist gleich dort vorne», beruhige ich sie. «Ich wünsche Ihnen eine gute Reise». Und in ihrem grasgrünen Kostüm eilt sie davon, auf ins nächste Abenteuer. Ich schaue ihr nach, wie sie im Fingerdock verschwindet, die Dame von Welt in ihrem grasgrünen Kostüm, mit ihrer Vorliebe für grünen Tee. «Manche Menschen haben einfach ein Talent für ein Leben Ton in Ton», denke ich und lächle.

The scent of the big wide world

An manchen Tagen vergeht mir die Lust, am Stand zu stehen und auf Käuferschaft zu warten. Dann will ich nicht an Ort und Stelle verharren, sondern in Bewegung sein, mit Menschen in Beziehung treten, einen Augenlidschlag lang Hansdampf in allen Gassen sein. Und so löse ich die Schnüre meiner Schürze und begebe mich auf einen Streifzug durch den Flughafen. Ich durchwandere die Sitzreihen und schaue den Passagieren in der Transithalle beim Warten zu, ich bummle durch den Duty Free, plaudere mit dem netten Sicherheitsbeamten mit den schönen blauen Augen, fahre Sky Metro oder stibitze in der Lounge ein paar Cashewnuts... der Flughafen wird zu meiner ganz persönlichen, überdimensionalen Spielwiese.

Manchmal, wenn gerade ein Langstreckenflieger angedockt hat, bleibe ich für einen Moment stehen und schaue dabei zu, wie die Gatetüren sich öffnen und die Passagiere herausströmen. Dann stelle ich mir vor, woher diese Menschen kommen und was der Grund für ihre Reise sein mag. Das ist ein besonderer Moment, denn ich weiss, dass ich der Welt, der sie gerade entschwunden sind, näher nicht mehr kommen kann – es sei denn, ich fliege selber hin. Ich befinde mich hier an der äussersten Grenze. Wenige Stunden zuvor, am Abflugsort, wurde die Kabinentür hermetisch verriegelt und hier, am Ziel der Reise, schwingt sie wieder auf und spukt Passagiere aus, die zielstrebig Richtung Ausgang strömen. Der Geruch der anderen Welt haftet ihnen noch an den Kleidern, an der Haut. In diesem Moment ist die fremde Welt für mich zum Greifen nahe, sie liegt buchstäblich in der Luft. Ich halte einen Moment inne und atme den Geruch durch meine Nasenlöcher ein – es ist der Duft der grossen weiten Welt.

Ich muss nie fragen, woher ein Flugzeug kommt. Die Duftfahne, die mir aus dem Fingerdock entgegen weht, erzählt es mir. Kommt ein Flugzeug zum Beispiel aus Indien oder der arabischen Welt, ist ein würziger Geruch vorherrschend. Er verrät mir, dass die Menschen dort an scharfes Essen gewöhnt sind. Kommt ein Flugzeug aus dem Balkan, legt sich eine rauchige Duftnote wie ein Schleier über die Köpfe der Passagiere, der mir verrät, dass die Menschen dort noch auf offenem Feuer kochen. Bei Flugzeugen, ankommend aus den Vereinigten Staaten, steigt mir ein undefinierbarer, chemischer Geruch in die Nase, der mich ein bisschen an Erdbeertörtchen erinnert. So hat jede Destination ihren ganz eigenen, unverwechselbaren Geruch.

Nachdem alle Passagiere ausgestiegen sind, geht die Crew von Bord. Engelsgleiche Gestalten, adrett uniformiert, hinterlassen eine süssliche Parfümwolke, betörend und prachtvoll, wuchtig und schwer – und übertünchen die Duftschwaden des «Destinations-Geruchs», der eben noch in der Luft gelegen ist. Düfte lösen praktisch wie auf Knopfdruck Gefühle in uns aus. Diese enge Verwandtschaft ist kein Zufall: Dufterinnerungen werden im Gehirn am selben Ort verarbeitet und abgespeichert, wo auch die Emotionen sitzen. Besonders augenfällig ist das bei Gerüchen, die eng mit Erinnerungen verknüpft sind: Der Geruch von Karamelbonbons ruft blitzartig Bilder der Grossmutter wach, der Duft der alten Ledermappe beschwört Erinnerungen an die Schulzeit herauf. Nichts ist so individuell wie unser Duftgedächtnis. Und so hat jeder von uns mit der Zeit seine ganz eigene, individuelle Duftlandkarte, die sich in seiner Seelenlandschaft festsetzt. Wir können einen Geruch selbst dann noch mit einem Gefühl verbinden, wenn bereits Jahrzehnte zurückliegen, seit wir ihn zum letzten Mal bewusst wahrgenommen haben.

«Die Nase ist eigentlich ein völlig passives Organ», hat mir Pablo gestern erzählt. «Doch mit ein bisschen Training kann sie jeder in Marathon-Form bringen.» Er muss es wissen, denn Pablo war früher gefeierter Parfumeur, bevor er sich darauf beschränkte, Parfüms nur noch zu verkaufen, statt sie selber herzustellen. An diese Unterhaltung muss ich jetzt zurückdenken, als ich an der Gatetüre stehe, lächelnd, und all die schönen Flugbegleiterinnen herausströmen sehe. Pablos Parfümstand im Duty Free Shop grenzt direkt an meinen. Ich finde, er hat den schönsten Job der Welt. Schliesslich sorgt er dafür, dass die Welt duftet – und schenkt ihr damit einen bunten Blumenstrauss voller Emotionen. Pablo hingegen ist nicht so ganz meiner Meinung. «Rosaly-Schätzchen», sagt er dann, «du bist hier diejenige, die die grossen Gefühl an die Wand malt. Schau dir das Leuchten in diesen Kinderaugen an, wenn sie mit dem Eis in der Hand deinen Stand verlassen.» Vielleicht hat er ja Recht. Pablo liebt Kinder und es fällt ihm schwer, sich mit der Tatsache abzufinden, dass es mir mit der Eiscrème so spielend gelingen will, die Kinderherzen gleich reihenweise zu erobern.

Doch Eiscrème-Expertin zu werden ist leicht. Es genügt vollauf, ein Schleckmaul zu sein. Bei Parfums ist das anders. Das Handwerk des Parfumeurs erscheint mir manchmal wie eine Geheimwissenschaft, wie das Verwandeln von Blei in Gold. Mit seiner Pipette in der Hand tüftelt der Parfumeur an seiner neusten Kreation, schraubt an Kopf-, Herz- und Basisnote herum, fügt hier ein bisschen Beere hinzu und nimmt dort eine Prise Moschus weg... Parfumeure müssen unglaublich feinfühlige Menschen sein. Die Beschäftigung mit Gerüchen muss fast zwangsläufig ihre Aufnahmefähigkeit für das Fühlen verstärken. Weltweit soll es nur 2000 Parfumeure geben. Als ich so darüber nachdenke, nehme ich mir vor, auch meine Nase auf Marathon-Form zu bringen. Vielleicht wird mir Pablo dabei helfen können? Gestern hat er ungewollt gleich selber den Anfang dafür gemacht. «Rosi, ist dir schon mal aufgefallen, dass auch japanischen Babys ganz anders riechen als unsere?», fragte er mich, nachdem er eine japanisch aussehende Kundin fertig bedient hat. Ich bin gerade damit beschäftigt, die Cornettos aufzufüllen. «Nein. Wie denn?» – «Irgendwie nach Bananen.»

Mittwoch, 24. Februar 2010

A lot can happen over coffee

In der italienischen Kaffeebar, wo ich am Morgen meinen Kaffee hole, ist mir heute eine Zeitung aufgefallen, die ausgebreitet auf einem der Gästetische lag. Sie sah ziemlich mitgenommen aus, die Ränder voll gekritzelt, mit einem dicken Flizschreiber waren Wohnungsinserate eingekreist, braune Kaffeetassenflecken zeichneten ein Muster ins Papier. Unvermittelt musste ich an die Werbung der indischen Kaffeehauskette «Cafe Coffeedays» denken. «A lot can happen over coffee»; viel kann passieren über einer Tasse Kaffee. Man sieht eine Wohnung ausgeschrieben, findet eine neue Stelle oder einen neuen Partner und kann ein neues Kapitel seines Lebens aufschlagen. Was bei der Zeitungslektüre nie fehlen darf ist eine richtig schöne, heisse, dampfende Tasse Kaffee, ein Muntermacher, der einem den nötigen Energieschub für einen neuen Tag und damit für neue Plänen verleiht. Eine gute Tasse Kaffee kann den schlimmsten Tag erträglich machen, einen Moment des Nachdenkens verschaffen oder eine Romanze wieder aufleben lassen. (Pendergrast, S. 15) Kaffee trinken ist weit mehr als purer Genuss. Kaffee trinken ist ein Lebensgefühl.

Diese Gedanken begleiten mich heute durch den Tag, und soeben wurde ihnen durch ein nettes Vorkommnis noch eine zusätzliche Dimension verliehen. Mauro möchte mit mir Kaffee trinken gehen! Innerlich habe ich gejubelt, als er mich gefragt hat, gegen aussen jedoch blieb ich die Ruhe selbst und tat ein bisschen so, als wäre ich gerade furchtbar beschäftigt. Ich darf also an dieser Stelle festhalten: Heute ist der Tag meines Eisprungs (rechte Eicherstocksteite), ich trage meine heiss geliebten braunen Wildlederstiefel und in einer halben Stunde bin ich zum Kaffeetrinken verabredet.

«A lot can happen over coffee», zum Beispiel bei einem werbenden Pärchen. Das Bindemittel ist der Kaffee, und gleichzeitig kaschiert er auch die Verlegenheit. Schliesslich kann man sich an einer Kaffeetasse festhalten, und sollte es zu allzu starken Gefühlen der Verlegenheit kommen oder im Gegenteil zur grossen Ernüchterung, kann man das Treffen eine Kaffeepausenlänge später abbrechen und wieder zum Alltag übergehen, als wäre nichts geschehen. Aber nicht nur in der Liebe, auch in allen anderen Beziehungen zwischen Menschen spielt der Kaffee eine bedeutende Rolle: Wer liebt es nicht, nachmittags mit einer guten Freundin im Café zu sitzen und vor einer grossen Tasse Capucchino über das Leben zu philosophieren?! Es ist unbestritten: Kaffee hat eine soziale Bedeutung. Und während Tee vor allem tröstet, regt Kaffee uns an, er ist ein sozialer Stimulator. Der Kaffeetratsch oder das «Kaffeekränzchen» mag für uns eher etwas Weibliches sein, doch wirft man einen Blick in die Geschichtsbücher, stellt man fest, dass vor allem Männer einst dem schwarzen Gebräu zugeneigt waren. Kaffee ist ein gesellschaftliches Bindemittel, ein Zungenwärmer, ein Gedankenernüchterer, ein Anregungsmittel für den Geist und, wenn man möchte, ein Abwehrmittel gegen den Schlaf. (Pendergrast, S.?)

Der Ursprung des Kaffees geht nach Afrika zurück, nach Äthiopien, um genau zu sein. Über den Suezkanal kam die Kaffeekirsche in die arabische Welt. Dort wurde der Kaffee «Qahwa» genannt, ein arabisches Wort für Wein. Mit seiner steigenden Popularität entstanden bald die ersten Kaffeehäuser. Noch heute sind die Kaffeehäuser in der arabischen Welt eine Institution. Reinhard Hesse, «Merian»-Reporter, fasst es folgendermassen in Worte: «Sie sind weit mehr als ein Ort des Zeitvertreibs, wo Araber Kaffee trinken, Pfeife rauchen und Backgammon spielen. Ein Kaffeehaus in Kairo ist zugleich Büro, Informationsbörse, literarisch-politischer Salon, Ankerpunkt der Menschen im grossstädtischen Mikrokosmos sowie Arbeitsplatz für allerlei fliegende Händler und Dienstleister.»

Auf dem Weg zu Mauro und meiner Lieblingskaffeebar überrumpelt mich eine plötzliche Gewissheit: Bei einer Tasse Kaffee ist in der Geschichte sehr viel mehr passiert, als ein paar zaghafte Werbungsversuche zwischen den Geschlechtern jemals ausrichten können. Über Kaffee wurden soziale Aufstände organisiert, Gedichte verfasst, ja über Kaffee wurde die Welt aus den Angeln gehoben! Die Werbung «A lot can happen over coffee» erhält so nochmals eine ganz andere, viel weitreichendere Bedeutung. Als ich am verabredeten Ort eintreffe, sitzt Mauro schon dort und liest. Er sieht friedlich aus, sein Profil wird von der Sonne beschienen. Für einen Moment halte ich inne und labe mich an seinem Anblick. Dann betrete ich das Café, küsse ihn auf die Wange und bestelle mir einen dieser schaumigen Cappucchinos in diesen bauchigen Tassen. Das fühlt sich so richtig gut an.

Ob es wohl am Koffein liegt, oder ob da noch andere Faktoren eine Rolle spielen, ist ungewiss. Fest steht, dass der Kaffee tatsächlich schon immer als eine Art Katalysator diente, um Veränderungen herbeizuführen. Die Kaffeehäuser boten Platz, um Revolutionen zu planen, Gedichte zu schreiben, Geschäfte abzuschliessen und Freunde zu treffen. (Pendergrast, S. 16) In «All about coffee» hat William Ukers 1935 geschrieben: «Wo auch immer er [der Kaffee] eingeführt wurde, bedeutete er Revolution. Er war das radikalste Getränk der Welt, weil seine Funktion stets darin bestand, die Menschen zum Denken zu bewegen.» Da erstaunt es nicht, dass in der arabischen Welt sowie in Europa die herrschende Elite mehrmals versucht hat, den Kaffee als «Ursache revolutionären Aufruhrs» zu verbieten. Doch durchsetzen liess sich ein solches Gesetz nie.

Es scheint fast so, als hätte der Kaffee schon immer mehr Freunde als Feinde gehabt. «So viel Geschrei um ein bisschen schwarze, bittere Brühe», denke ich, als ich nach dem Kaffeetrinkdate mit Mauro an meinen Stand zurückkehre. «Dabei handelt es sich doch eigentlich nur um den Fruchtkern eines äthiopischen Strauchs», hatte Mauro ganz richtig bemerkt. Über meine genaue Sachkenntnis, welcher Kaffee wo am Flughafen am Besten schmeckt, konnte er sich sehr amüsieren. Dabei bildeten sich ganz kleine, feine Lachfältchen um seine Augen. «Ich weigere mich einfach standhaft, Pfützenwasser zu trinken!», brachte ich zu meiner Verteidigung hervor. Und fügte mit dem Brustton der Überzeugung hinzu: «Das Leben ist einfach viel zu kurz für schlechten Kaffee.»

Wo sich ein angenehmes Denk-Klima herausbildet, zieht es auch eine andere Gruppe Menschen hin: Philosophen, Literaten und Intellektuelle. In Wien wurde der Kaffee innerhalb weniger Jahrzehnte zum Treibstoff für das intellektuelle Leben der Stadt, in Grossbritannien wurden die Kaffeehäuser als «Pfenniguniversitäten» bekannt, weil man für diesen Preis eine Tasse Kaffee bekam und dabei stundenlang aussergewöhnlichen Unterhaltungen lauschen konnte. (Pedergrast, S.31) Die Theorie auf die Spitze treibend, kann man sagen, dass die Cafés ein solch wunderbares intellektuelles Klima erzeugten, was letztendlich die französische Revolution hervorbrachte. Und es bestreitet wohl niemand, dass die französische Revolution mit ihrem Leitsatz von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit so etwas wie die Wiege unserer demokratischen Kultur ist. Hauptkatalysator für eine solche tiefgreifende, gesellschaftliche Reform war nichts anderes als eine Kaffeekirsche von einem äthiopischen Strauch! Das gefällt mir. Man sollte die Bedeutung des Kaffees in der Geschichte niemals unterschätzen.

Doch was ist in Zeiten von «Starbucks» davon geblieben? Der «Starbucks»-Kult hat wieder andere Menschen hervorgebracht, die sogenannten «globalen Nomaden», die überall auf der Welt zu Hause sind, und von überall aus arbeiten können. Alles, was sie dafür brauchen, ist eine Steckdose und einen Internetanschluss. Sie sind Projektarbeiter; sie arbeiten, wie sie leben und sie leben nicht, wie sie arbeiten. Im «Starbucks», dem Kaffeehaus der Moderne, profitieren sie von diesem geistig anregenden Klima und doch ist jeder letztendlich ganz für sich allein. Vielleicht hat die globale Vernetzung übers Internet die Versammlungsmentalität der Kaffeehäuser überflüssig gemacht. Im «Starbucks» lebt dieses geistige Klima dennoch irgendwie weiter, wenn auch viel kommerzialisierter. Und doch findet man sie überall auf der Welt, sobald man einen «Starbucks» betritt: Menschen an ihren PC's, die aussehen, als würden sie mit ihrem Apple Mac gerade die Welt revolutionieren. Sie sind die geistige Elite der Neuzeit, die Descartes und Sartres des 21. Jahrhundert. Ob sie dabei nur so tun, als wüssten sie die Antworten, während sie in ihre Bildschirme starren, wird immer ein Geheimnis bleiben. Denn das ist ja gerade das Faszinierende am Kaffee: Beim Kaffeetrinken kann von fast nichts bis fast alles geschehen. Kaffee ist wie das Leben selbst, er enthält die ganze Bandbreite. Und manchmal, manchmal bleibt auch ein bitterer Nachgeschmack zurück. Ich habe ein Mittel gefunden, das zu vermeiden: Meistens lasse ich den letzten Schluck ganz einfach in der Tasse stehen. Und was Mauro betrifft: Das Kaffeetrinkdate war schön. Vielleicht wiederholen wir es bei Gelegenheit.

Zumindest wird er sich nicht genötigt fühlen, sein Kaffeegenuss auf so kreative Art und Weise rechtfertigen zu müssen wie die britischen Männer im 17. Jahrhundert. Damals fürchteten die Frauen nämlich um den Sittenzerfall ihrer Männer und hätten die Kaffeehäuser gern geschlossen gesehen. Die Männer jedoch meinten, der Kaffee sei weit davon entfernt, sie impotent zu machen, er mache Kaffee die Erektion kraftvoller, die Ejakulation gehaltvoller und füge dem Sperma eine geistige Komponente hinzu...


Quellen:

Kaffee. Wie eine Bohne die Welt veränderte. Mark Pendergrast. Edition Temmen.
«Genuss des Müssiggangs». Reinhard Hesse. In: Merian. Ägypten. August 2001

OUT NOW: KUGELBOMBEN UND KAFFEE bestellbar unter buchstabenbazaar@gmail.com

Kugelbombenu-Kaffee_cover

IMPRESSUM

edith.truninger(at)gmail.com Copyright für alle Texte bei der Autorin

Schreiben...

...ist für den Schriftsteller immer die beste aller Möglichkeiten. unbekannt

AKTUELLE BEITRÄGE

Nice website
Nice website
shanayabindra - 23. Mai, 09:13
Ich hatte auch schon...
Ich hatte auch schon einige erste Dates, die nichts...
Jan (Gast) - 31. Dez, 15:13
Neue Website
Please visit my new website under www.edithtruninger.ch
Eduschka - 18. Aug, 20:35
Oh ja... Ich habe eine...
Oh ja... Ich habe eine vierwöchige Reise durch Indien...
Jan Rojenfeld - 15. Aug, 13:51
Revolution
Mein Zuckerwattenverkäufer Neug ier ist eine gute Eigenschaft....
Eduschka - 25. Mai, 12:23
Being 28
Wellen. Brandung. Rückzug Kurz nach dem 11. September...
Eduschka - 25. Mai, 10:40
Besser leben mit...
Frühstück bei Tiffany (Truman Capote) Montauk (Max...
Eduschka - 18. Mai, 14:12
Unser Schleudersitz
Das Leben ist so kostbar. Machen wir etwas draus! Verbringen...
Eduschka - 18. Mai, 14:04

LESE GERADE


Chalid al-Chamissi
Im Taxi: Unterwegs in Kairo

SUCHE

 

About
AMAZONEN-GESCHICHTEN
Besser leben
Betrachtungen
Bsundrigi Ort
Dialog
Essays
Exkursionen in die Tierwelt
Frauen & Männer
Global Ice Cream
Himmel & Meer
Indischer Alltag
Jugend & Alter
Lyrik
Miniaturen
Pantoffelheldin
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren