Montag, 7. Dezember 2009

Zitat

«Denn alles, was macht braucht, zum Leben und zum Schreiben, sind Liebe und Erfahrungen.»
Aus: Kein Seeweg nach Indien

Sein bester Freund, der Hund

Wie sehr es uns doch schmeichelt, wenn uns ein Büsi flattierend um die Beine streicht. Oder wenn wir beim Heimkommen bereits an der Türschwelle von unserem Hund abgeholt werden, der freudig mit dem Schwanz wedelt und uns lautstark Willkommen heisst. Hund und Katze sind die Lieblings-Haustiere der Nation. Nutztiere im engen Sinne sind sie zwar nicht, und doch erweisen sie dem Menschen einen wertvollen Dienst: Sie spenden Trost und füllen leere oder leer gewordene Stellen im Innern auf. Sie sind emotionaler Kitt für geschundene Seelen. Warum sonst würde man in psychiatrischen Institutionen Katzen halten? Ein Tier schenkt Nähe; eine sehr einfache Nähe, weil sie äusserst berechenbar ist. Sie wird bestimmt vom Rhythmus des tierischen Urbedürfnisses: Seinem Hunger, seinem Durst, seinem Bewegungsdrang. Ein Tier gibt unmissverständlich zu verstehen, was es gerade braucht. Es druckst nicht herum, schämt sich nicht und redet auch nicht um den heissen Brei. Das macht Tiere nach unserer Auffassung so ehrlich.

Haustiere decken das emotionale Grundbedürfnis des Menschen nach Nähe und Geborgenheit ab. Oftmals schaffen sich Menschen in einer besonders krisengeschüttelten Lebensphase ein Hund oder eine Katze an. Und doch unterscheiden sich Hund und Katze ganz grundsätzlich in ihren «Funktionen»: Eine Katze ist verschmust, aber nur, wenn es ihr passt. Sie flattiert ein bisschen, frisst und geht dann wieder ihre eigenen Wege. Eine Katze kann man unmöglich zähmen. Anders der Hund: Man muss ihn zähmen, man muss ihn «erziehen», und ist das einmal geschafft, wird der Hundehalter mit einer Loyalität belohnt, die seinesgleichen sucht. Je nach Rasse ist auch ein Hund verschmust, doch anders als die Katze ist er es zu jeder Zeit, ohne Ausnahme. Die Partnerschaft zu seinem Herrchen steht bei ihm über allem, sie ist eng, fast schon symbiotisch.

Verlassene Männer oder solche, die von Mitmenschen enttäuscht wurden und eine dicke Mauer als Schutzwall um sich errichtet haben, sind besonders geneigt, sich einen Hund – meistens ein Schäfer – anzuschaffen. «Nimm Dich von einem alleinstehenden Mann mit Hund in Acht», heisst es daher unter Freundinnen. Denn ein solcher Mann sehnt sich nach echter Kameradschaft, und mit einem Schäfer trägt er seinem Bedürfnis nach Nähe Rechnung. Im Gegensatz zur Partnerschaft mit einer Frau ist eine Kameradschaft mit einem Hund jedoch viel sicherer, denn seine Liebessprache ist unmissverständlich. Er schenkt Zuneigung, ohne mehr als Futter zu verlangen, er ist ein wahrer Kamerad. Die Bedürfnisse beider Seiten werden rasch belohnt. Es gibt keine Stadien, keine Prozesse wie bei menschlichen Beziehungen. Es gibt kein Davor, Dahinter und Dazwischen. Keine Schattierungen, keine Grautöne. In diesem Extrem-Stadium ist es diesem Typ Mann nicht mehr möglich, Nähe zu einer Frau zuzulassen. Weil eine Beziehung bedeuten würde, die Kontrolle über seine Gefühle zumindest teilweise aus der Hand zu geben. Doch ein Hunde-Mann braucht diese Kontrolle. Er will sagen können: «Sitz!», und der Hund macht Sitz.

Solche Männer tragen einen Teil in sich, der abzusterben droht. Dieser Teil heisst «Lebendigkeit». Sie nutzen nicht die ganze Klaviatur ihrer emotionalen Möglichkeiten. Es ist ein bisschen so, als würden sie immer nur auf den weissen Tasten des Klaviers spielen. Es entsteht zwar eine Melodie, aber sie ist weit unter den Möglichkeiten, die das Klavier zu bieten hat. Eine richtig schöne Melodie – ihre ganz eigene Melodie – kann eben nur entstehen, wenn sie die Möglichkeiten des Klaviers voll ausnutzten und versuchen, auch auf den schwarzen Tasten zu spielen.

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