Montag, 13. August 2007

Das Regisseuren-Genie

Heute am Frühstückstisch fiel es mir wie Schuppen von den Augen: «Nicht der beste Regisseur dieser Erde könnte so ein Drehbuch schreiben!» Es gibt Momente im Leben, da erschliessen sich gewisse Zusammenhänge der eigenen Existenz ganz von selbst. Zusammenhänge der eigenen Gedankenwelt, der eigenen Biografie, der eigenen Handlungsmotivation. Unter Umständen liegen sie Jahre im Verborgenen und harren ihrer Entdeckung. Und dann geschieht etwas im Leben, ein Schicksalsmoment, der den Stein ins Rollen bringt. Meistens fühlt man sich einerseits auf eine diffuse Art verraten. Aber es ist auch ein sehr wertvoller, schützenswerter Moment der Selbsterkenntnis. Für einen Moment lässt ER sich in die Karten schauen. Er, das ist der, der uns lenkt. Im weitesten Sinne.

mann-mit-Hut

Der Regisseur unseres ganz persönlichen Drehbuchs. Manche setzen ihn gleich mit Gott. Aber soweit muss man gar nicht unbedingt gehen. Ohne die Schöpferfrage zu stellen, könnte man auch davon ausgehen, dass wir alle unseren ganz persönlichen Regieanweiser haben, der auf einem Stern sitzt und uns lenkt. Er greift nur indirekt in die Handlung ein, indem er uns mit Personen oder Situationen kollidieren lässt, die unserer Entwicklung dienlich sind. Er kennt uns besser, als wir selbst uns kennen und hat die Fähigkeit, weit in die Zukunft zu sehen. Er weiss, wie wir voraussichtlich reagieren und lässt Zufälle als Zufälle erscheinen, die keine sind. Und wenn wir einmal nicht handeln, wie er es erwartet hat, greift er an einem anderen Ort des Geschehens ein, um uns doch noch ans Ziel zu bringen. Er kennt den Masterplan. Ja vielleicht wurde er sogar vom Schöpfer angeheuert und arbeitet auf Auftragsbasis!

Mein ganz persönliches Regisseuren-Genie müsste ungefähr so aussehen, wie auf einer eben käuflich erworbenen Kunstkarte: Ein älteres, zufriedenes Mandlein mit buschigem Schnauzer und Hut, das sich gerade ein Glas Rotwein einschenkt und den Moment geniesst. Er hat so etwas unglaublich Verschmitztes. Vielleicht feiert er gerade einen genialen Regisseuren-Schachzug auf dem Schachbrett meines Lebens? Vielleicht ist gerade etwas aufgegangen, das er von langer Hand geplant hat? Und vielleicht stellt sich ja auch manchmal Ernüchterung ein, und dann rauft er sich die wenigen Haare, die noch übrig geblieben sind und denkt: «Ich mache es ihr so einfach, und doch hat sie es immer noch nicht kapiert!!» Es ist ein tröstlicher Gedanke, dass es da jemanden gibt, der mitfiebert beim Projekt, das unser Leben bedeutet.

Und vielleicht kann ich, wenn ich sterbe, auch auf den Stern und jemandem Patin stehen, vielleicht werde ich ja dann auch in den Masterplan eingeweiht und bekomme meinen ganz persönlichen Schützling zugeteilt? Wie ein Wichtel, der Gutes tut, aber niemals sichtbar wird.

9. August 2007

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