Montag, 7. Juli 2008

Tandem: Eins um jeden Preis

Die Veloroute Nummer 45 (Wyland-Downtown) von Veloland Schweiz führt direkt an meiner Haustüre vorbei. Im Sommer ziehen sie in Scharen vorüber – stille Einzelkämpfer im sportlichen Velotrikot am Abend, gemächlich in die Pedale tretende Eltern mit ihren wild strampelnden Kindern übers Wochenende. Als wahre Chillerin fläze ich mich im Gartenstuhl und schenke den Freizeit-Radlern kaum Beachtung. Nur bei Paaren mit Tandemvelos schaue ich von meiner Lektüre auf. Ungläubig reibe ich mir die Augen. Gibt’s das heute tatsächlich noch? Und hat denen schon mal jemand gesagt, wie lächerlich sie dabei aussehen? Hallo Leute, Lächerlichkeit im Doppelpack verstärkt sich noch; so viel Alltagswissen sollte eigentlich vorauszusetzen sein. Doch das Tandempaar zuckt nicht einmal mit der Wimper, sondern lustwandelt fröhlich und selbstzufrieden des Wegs und ist dabei vor allem eins: Ja eben eins.
Ein Tandemvelo zu fahren ist ein Statement. Das scheint den Tandempaaren noch nicht aufgefallen zu sein. Einssein um jeden Preis – ist das wirklich sogar noch auf dem Velo erstrebenswert? Der Mann sitzt übrigens immer vorne und bestimmt damit auch, wo’s langgeht. Da ziehe ich es vor, zwei zu bleiben. Und falls sich die Verschmelzung doch nicht verhindern lassen sollte, möchte ich dabei wenigstens souverän aussehen. Auf einem Tandemvelo ist das ein Widerspruch in sich.

Wenn der Fluss plötzlich aufwärts fliesst

"Sicher ist einzig die Veränderung" meint die Amazone und plädiert für weniger Angst vor grossen Richtungswechseln.

amazonen

In Asien gibt es Flüsse, die bei Monsun die Fliessrichtung wechseln können. Und so wie das Wasser in extremen Situationen die Fliessrichtung wechseln kann, machen auch Menschen allerlei Veränderungen durch. Ansichten und Gewohnheiten verändern sich, Verantwortungsgefühle wandeln sich, Freundschaften werden geschlossen und wachsen, das Kräfteverhältnis wird plötzlich ein anderes. Sicher ist einzig die Veränderung. Nur kümmert das unsere moderne Gesellschaft herzlich wenig: In Industrienationen ist das Bedürfnis nach Sicherheit gross und damit auch das Gefühl, das eigene Leben jederzeit kontrollieren zu können. Je mehr wir mit dieser Kontroll-Erwartung an unser Leben herangehen, desto mehr haben wir Angst vor der unwiederbringlichen Veränderung.

Auf die eine oder andere Art fürchten wir uns also alle vor Veränderungen. So auch in der Liebe. Wer kennt sie nicht, die leise Angst vor einer neuen Liebe? Wir sagen, wir fürchten uns vor der Liebe – doch eigentlich fürchten wir uns vor der Veränderung, die sie in unserem Leben bewirken könnte. Denn anders als ein paar neue Schuhe oder eine neue Stelle gilt die Liebe in unserer Kultur als jene Kraft, die am meisten Potenzial hat, uns und unser Leben unwiderruflich zu verändern. Vielleicht sitzt uns die Angst im Nacken, nicht mit diesen reissenden Gefühlsströmen umgehen zu können. Dabei vergessen wir häufig, dass die Liebe uns immer nur zu uns selbst führt und nicht von uns weg. Es sollte also zu einer guten Lebensführung gehören, ab und zu ganz bewusst zuzulassen, dass die Fliessrichtung des eigenen Lebensflusses sich ändern kann.

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Chalid al-Chamissi
Im Taxi: Unterwegs in Kairo

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