Dienstag, 2. Juni 2009

Abkehr von der modernen Kunst

Es gibt Bücher, die sind wie Leuchttürme. Wie ein besonders strahlender Stern stehen sie am Himmel und weisen uns die Richtung. Wie eine Kerze in einem dunklen Raum erzeugen sie das Licht der Erkenntnis, dem die Dunkelheit weichen muss. Dann denken wir, dass es unmöglich Zufall gewesen sein kann, dass dieses Buch ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt den Weg in unser Leben gefunden hat. Es bereichert uns genau da, wo wir es gerade nötig haben, wie ein Puzzleteil fügt sich plötzlich eines zum anderen. Ein solches Buch repräsentiert nicht nur uns selbst, es repräsentiert einen ganzen Lebensabschnitt. Mit 14 haben wir gemeinsam mit den Heldinnen aus den Romanen von Federica de Cescos die Welt erobert, mit 17 lasen wir «Die Leiden des jungen Werthers» von Johann Wolfgang von Goethe und schliefen in der Folge ein Jahr lang mit einer Kopie des Werthers unter dem Kopfkissen. Mit 20 entdeckten wir die Bücher von Hermann Hesse, und während wir bei «Siddartha» noch in einer tiefen Sinnkrise steckten, versetzte uns der «Steppenwolf» in den ultimativen Rauschzustand. Sehen wir dann Jahre später eines dieser für unsere persönliche Entwicklung wichtige Buch zufällig in der Buchhandlung wieder, berühren wir es andächtig mit der Fingerspitze und geben ihm ein bisschen von der Liebe wieder, die es in uns ausgelöst hat.

Manche Bücher, die uns berührt haben, kommen uns auch abhanden. Bei mir ist es ein Kinderbuch namens «Unser Fränzi», das vergriffen ist und das ich schon seit Jahren auf Bücherflohmärkten und in Buchantiquariaten suche wie die berühmte Nadel im Heuhaufen. Bis zu jenem Tag, an dem ich nichtsahnend in die Winterthurer Kunsthalle spaziere und es entdecke, mein Buch: Mit einem riesigen Nagel als Teil einer Kunstinstallation in die Wand gehämmert! Ich habe eine Weile gebraucht, um mich von diesem Schock zu erholen. Bücher sind doch wie Freunde, und erst recht Bücher, die man geliebt hat! Sie sind wie verflossene Liebhaber, wie erste Sandkastenfreunde... In meiner Verzweiflung habe ich noch wie eine Verrückte am Buch herumgenestelt, um wenigstens herauszufinden, ob es sich auch wirklich um «mein» Buch handelt, doch es war ein hoffnungsloses Unterfangen. Der Nagel steckte zu tief im Fleisch des Buches. Gleichzeitig hatte sich ein ebenso langer Nagel direkt in mein Herz gebohrt. Pfui, moderne Kunst, pfui!

OUT NOW: KUGELBOMBEN UND KAFFEE bestellbar unter buchstabenbazaar@gmail.com

Kugelbombenu-Kaffee_cover

IMPRESSUM

edith.truninger(at)gmail.com Copyright für alle Texte bei der Autorin

Schreiben...

...ist für den Schriftsteller immer die beste aller Möglichkeiten. unbekannt

AKTUELLE BEITRÄGE

Nice website
Nice website
shanayabindra - 23. Mai, 09:13
Ich hatte auch schon...
Ich hatte auch schon einige erste Dates, die nichts...
Jan (Gast) - 31. Dez, 15:13
Neue Website
Please visit my new website under www.edithtruninger.ch
Eduschka - 18. Aug, 20:35
Oh ja... Ich habe eine...
Oh ja... Ich habe eine vierwöchige Reise durch Indien...
Jan Rojenfeld - 15. Aug, 13:51
Revolution
Mein Zuckerwattenverkäufer Neug ier ist eine gute Eigenschaft....
Eduschka - 25. Mai, 12:23
Being 28
Wellen. Brandung. Rückzug Kurz nach dem 11. September...
Eduschka - 25. Mai, 10:40
Besser leben mit...
Frühstück bei Tiffany (Truman Capote) Montauk (Max...
Eduschka - 18. Mai, 14:12
Unser Schleudersitz
Das Leben ist so kostbar. Machen wir etwas draus! Verbringen...
Eduschka - 18. Mai, 14:04

LESE GERADE


Chalid al-Chamissi
Im Taxi: Unterwegs in Kairo

SUCHE

 

About
AMAZONEN-GESCHICHTEN
Besser leben
Betrachtungen
Bsundrigi Ort
Dialog
Essays
Exkursionen in die Tierwelt
Frauen & Männer
Global Ice Cream
Himmel & Meer
Indischer Alltag
Jugend & Alter
Lyrik
Miniaturen
Pantoffelheldin
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren