Dienstag, 3. Juni 2008

Zen-Momente

Die Amazonen können gut gemeinsam schweigen. Vor allem auf Zugfahrten, die sie quer durch Europa führen.

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Die Eremitin und ich waren am Samstag an eine Prä-Euro-Veranstaltung eingeladen. Dabei mussten Teams in eine Art Tischfussball mit Scheibe gegeneinander antreten. Wir waren fürs Team Rumänien am Start, das es leider nicht bis über die Vorrunde hinaus schaffte. Wir tranken und grölten dennoch fröhlich mit und wunderten uns im Stillen darüber, wie diese paar jungen Leute es schafften, so dermassen laut zu sein. Die bange Frage liess nicht lange auf sich warten: Werde ich langsam alt? Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus, fluchtartig verliess ich den Raum. Im Nebenzimmer, neben einem grossen Schildkröten-Gehege ohne Bewohner und in ein Gespräch mit einem anderen Partygast vertieft, fühlte ich mich bedeutend wohler. Stille kann so ungemein wohltuend sein. Laut gilt als Inbegriff von Fröhlichkeit, dabei sind es eigentlich die leisen Töne, die wirklich glücklich machen.

Die Eremitin und ich können stundenlang Zug fahren ohne ein einziges Wort zu wechseln. Gemeinsam sind wir schon von Athen nach Istanbul, quer durch Schweden oder von Zürich ins Ferne Budapest getuckert und auf jeder einzelnen dieser Reisen gab es Momente der Hingabe an die eigenen Gedanken. In solchen "Zen-Momenten" widmen wir uns ganz unseren stillen Tätigkeiten, wir lesen, schreiben, malen oder hören Musik. Jede einzelne für sich, und irgendwie doch zusammen. Es sind Momente von grösster Vertrautheit, denn nur mit wirklich guten Freundinnen fällt das Schweigen leicht. Wir ruhen in uns selbst, pflegen unser Innerstes – und sind doch nicht einsam. Ich kenne nicht viele Menschen, mit denen ich das kann. Wie Zen-Mönche schon vor tausenden von Jahren erkannten: Die Stille und Weite ist unsere eigentliche Natur. Denn Stille in Einsamkeit gibt ein Gefühl von Tiefe – Stille in Gemeinsamkeit ist weit.

Montag, 2. Juni 2008

Im Meersäuli-Himmel

Das hier ist eine Beichte. Ich habe nämlich ein Meerschweinchen auf dem Gewissen. Obwohl ich als Zehnjährige meinem «Wuschi» – so der Name meines Meersäulis selig – immer frischen Löwenzahn kredenzt und ihm regelmässig die Krallen geschnitten habe, obwohl ich brav einmal pro Woche das Sägemehl ausgewechselt und die Wasserflasche nachgefüllt habe, obwohl ich besten Wissen und Gewissens gehandelt habe – dieses Tierchen hatte es nicht schön bei mir. In diesen Tagen konnte man nämlich in der Presse lesen, was mein Kinderherz schon damals intuitiv ahnte: Meerschweinchen werden depressiv, wenn sie alleine gehalten werden. Deshalb hat «Wuschi» also immer so todtraurig aus seinen schwarzen Knopfaugen geguckt! Seine Grundbedürfnisse waren befriedigt, und dennoch war er todunglücklich. Weil er sich nach Artgenossen verzehrt hat. Wenn Wuschi wüsste, wie gut ich das nachvollziehen kann. Tatsächlich entbehrt es nicht jeder Ironie, dass ausgerechnet ich, die menschliche Wärme sosehr schätzt und nötig hat, ein anderes Rudeltier zur Einsiedelei gezwungen habe. Ja, ja, ich war doch nur ein Kind. Aber taugt das wirklich als Entschuldigung? Ich bin mir fast sicher, dass das Karma meines Meersäulis mir eines Tages eine gerechte Strafe zukommen lassen wird. Und ich habe nichts anderes verdient. Möge «Wuschis» Seele in Frieden ruhn und im Meersäuli-Himmel mit seinen Artgenossen tanzen.

Dienstag, 20. Mai 2008

Geschichtenbazar

Lockenkopf wird als Gärtnerin ins Bordell gerufen und die Amazone arbeitet seit Neustem am Flughafen, wo es von Geschichten nur so wimmelt.

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"Beschütze meine grosse kleine Welt mit deiner schützenden Hand" (Songzeile)

Mein neuer Nebenjob als Betreuungsperson am Flughafen ist zwar nicht sonderlich gut bezahlt, doch mein Lohn ist etwas viel Wertvolleres: Er schenkt mir viele kleine Geschichten. Menschen aus aller Welt nehmen für eine Viertelstunde auf "meinem" Rollstuhl Platz und während ich sie durch den Flughafen schiebe, erzählen sie mir aus ihrer "grossen kleinen Welt". Darunter sind viele Menschen, die mich mit ihrem Mut beeindrucken, weil sie sich trotz körperlicher Gebrechen nicht vom Reisen abhalten lassen. Für mein eigenes Leben ist das sehr inspirierend.

Dabei ist mir aufgefallen, dass sich die Geschichten meiner Arbeitskollegen von meinen eigenen unterscheiden. Da gibt es lustige Geschichten, die unter meinen Arbeitskolleginnen in Windeseile die Runde machen. Diejenige eines 90-Jährigen Thailand-Reisenden zum Beispiel, der an der Sicherheitskontrolle dabei zuschauen muss, wie die Beamten sein Gepäck kontrollieren und dabei ein riesiger Dildo zum Vorschein kommt. Oder die etwas morbide Geschichten von Menschen, die ihre toten Angehörigen im Koffer transportieren, um die horrenden Kosten für einen Leichentransport zu sparen.

Ist es nicht so, dass jeder Mensch jene Geschichten anzieht, die irgendetwas in ihm zum Klingen bringen? Oftmals gleichen sich diese Geschichten sogar im Kern. Jeder Blick auf die Welt erfordert wieder ein anderes Set an Geschichten.
Schon oft habe ich darüber nachgedacht, dass Lockenkopf für mein Schreiben so etwas wie eine "Geschichtenlieferantin" ist. Das liegt vielleicht daran, dass ihre Geschichten im Grundton meistens etwas Lustiges oder etwas Skurriles haben, das sich gut erzählen lässt. Wenn Lockenkopf beispielsweise als Gärtnerin ins Bordell bestellt wird, um bei "Chez Big Mama" die Blumenkisten anzupflanzen, glaube ich nicht, dass mir das jemals hätte passieren können.

Diese Bordell-Geschichte ist irgendwie so absurd, das sie eigentlich nur Lockenkopf in die Welt hinaustragen kann. Selbst der Name ist typisch. Die Bordellinhaberin hätte ja auch Rosi heissen können oder Vicky, aber nein, sie heisst ausgerechnet "Big Mama". Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich geschworen, dass Lockenkopf diese Geschichte kurzerhand selbst erfunden hat. Aber vielleicht ist es ja auch irgendwie so. Wir ziehen jene Geschichten an, die wir selbst hätten erfinden wollen. Oder, anders ausgedrückt: Es werden uns nur jene Geschichten geschenkt, bei denen uns die Ehre zusteht, sie weiterzuerzählen.

Um mehr über sich zu erfahren, müsste man also eigentlich nur die eigenen Geschichten etwas genauer unter die Lupe nehmen. Und was mir bei meinen Geschichtengeschenken am Flughafen auffällt: Meine Rollstuhlpassagiere reisen eigentlich vor allem, um Freunde oder Familienmitglieder zu besuchen. Innert zwanzig Minuten sehe ich zuerst am einen Ort Tränen des Abschieds und am anderen Ort, mit einem anderen Passagier, Tränen der Freude über eine Ankunft. Von Zeit zu Zeit kommt mir das ganz schön schräg vor. Aber es beweist mir eines: Die meisten Menschen reisen nicht aus Ablenkung, Geschäftstüchtigkeit oder Geldgier, sie reisen nicht für einen Tapetenwechsel oder den Traumjob. Sie reisen, weil sie mit jenen Menschen zusammen sein wollen, die sie lieben.

siehe auch: tink.ch

Dienstag, 29. April 2008

Guter Auftritt

Die Amazonen haben zwar schon oft davon fantasiert, Pub-Touren zu machen, doch sie schaffen es nie über die erste Station hinaus. Dafür ist Lockenkopf überzeugt davon, ein sehr guter Cowboy zu sein

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"Eigentlich sehen wir uns immer nur im Sitzen", kommt es spontan aus mir heraus. Lockenkopf und ich sind gerade an der Bar unseres Lieblingslokals, unsere Hintern auf einem der bequemen Barhocker platziert. Auf der Tanzfläche mag der Bär steppen oder eine Band gefeiert werden, Lockenkopf und ich sitzen seelenruhig an der Bar, trinken ein bisschen Wein und plaudern. Ja, man kann es so sagen: Wir pflegen eine ausgeprägte Sitzfreundschaft. Trotz mehreren Anläufen ist es uns noch nie gelungen, eine Pub-Tour zu machen, die diesen Namen auch wirklich verdient hat – wir schaffen es einfach nie über die erste Station hinaus. Irgendwann hat sich Lockenkopf sogar zu der Bemerkung hinreissen lassen, sie wäre bestimmt ein extrem guter Cowboy. Sie malte sich aus, wie sie mit schnittigen Cowboy-Stiefeln den Saloon betreten würde und an der Bar mit einem Handwink ihr Getränk bestellte. Und während ich fand, dass das einsame Reiten durch die Prärie bestimmt nicht so ihr Ding wäre, kommentierte ihr Lieblingsmensch: "Du bist so klein, du würdest glatt unter der halbhohen Schwingtüre hindurch passen!" Der Effekt mit den flappenden Schwingtüren fiele also schon mal weg. Ich bin mir sicher, dass sie sich mit anderen Mitteln Gehör zu verschaffen wüsste.

Dienstag, 22. April 2008

Freunde III: Mikrokosmos oder Universum

Bei einer Diskussion über Beziehungen meint eine Freundin: «Ich mag es, einen Mensch zu haben, der zu mir gehört.» Über diesen Satz habe ich lange nachgedacht. Ich glaube, sie meint damit eine ganz bestimmte Art des Zugehörigkeitsgefühls. Auch unter sehr guten Freunden besteht ein Zugehörigkeitsgefühl, das die Seele zum Summen bringt. Doch während sich Gleichgesinnten einen eigenen Mikrokosmos teilen, erschaffen Liebende sich ein eigenes Universum. Beiden Welten ist gemeinsam, das sie über eigene Kommunikationscodes verfügen, die nur in diesem abgeschlossenen Kreis ihre Gültigkeit haben und verstanden werden. Der Unterschied besteht glaube ich in der Intensität. Wie es der Name schon andeutet, ist ein Universum allumfassender, ausschliesslicher als ein Mikrokosmos. In einem Leben können Mikrokosmen ohne Probleme koexistieren. Ein Universum hingegen ist einzigartig. Das macht es so wertvoll. Ein zweites Universum gibt es nicht.

Freunde II: Tour d’ ami

«Kein Weg ist zu weit und so von Glück gesegnet wie die Reise zum Haus eines guten Freundes», heisst es sinngemäss in einem Sprichwort. Wie war, kann ich dazu nur sagen. Freunde im Ausland zu besuchen gehört zu den vorzüglichsten Plänen überhaupt. Und schliesslich befinden wir uns ja mitten drin, im Megatrend Globalisierung. Mittlerweile kennt jeder irgendwen, der entweder ausgewandert ist (Liebe?) für befristete Zeit im Ausland arbeitet (Karriere), ein Sprachaufenthalt macht (Spass und Lebenslaufbestückung) oder ein Austauschjahr an der Uni absolviert (von allem ein bisschen). Zudem verfügen Freunde im Ausland über wertvolles Insiderwissen. Denn ich liebe es, von Kennern an fremde Orte herangeführt zu werden. Das erlaubt mir ohne Umwege Einblick in die Seele des Ortes zu bekommen. Reiseführer sind in dieser Hinsicht sehr unzuverlässige Gehilfen. Die Informationen sind zwar alle da – aber wer hilft mir, diese zu bewerten? Ein Freund, der sich auskennt, ist als Reiseberater nicht mal mit Gold aufzuwiegen – schliesslich ist er ortskundig und kennt zusätzlich die persönlichen Vorlieben. Darauf gründet auch die Idee einer «Tour d’ ami», die ich irgendwann einmal machen möchte. Eine «Tour d’ ami» ist eine Weltreise, auf der man sich seine globalisierten Kontakte zu Nutzen macht. Die Destinationen werden in Übereinstimmung mit den ausländischen Aufenthaltsorten seiner Freunde festgelegt. Ein Schritt hinaus in die Welt, ohne sich jemals fremd zu fühlen!

Freunde I: Ich halte es wie die Schnecke

Ich liebe fremde Welten, ich finde sie inspirierend und bereichernd. Und dennoch würde ich mich nicht als ein ausgesprochen reisefreudiger Mensch bezeichnen. Im Grunde meines Herzens bin ich ein Heimwehkind. Ich halte es daher wie die Schnecke: Ich trage mein Schneckenhäuschen gerne mit mir herum – in Form eines Freundes, mit dem ich eine Reisegemeinschaft bilden kann.

Dienstag, 15. April 2008

Schweinische Erkenntnisse

Eigentlich findet die Amazone Tiere überhaupt nicht interessant, aber ihre grosse Freude am Essen weist doch eindeutig auf eine gewisse Verwandtschaft mit einem Nutztier hin.

amazonen Kinder finden Tiere faszinierend. Auch viele Erwachsene. Ich gehöre nicht zu ihnen, sondern leide im Gegenteil unter einem besorgniserregenden Fauna-Analphabetismus. (Im Stil von: Schwalbe? Wie sieht schon wieder eine Schwalbe aus?) Jedoch muss auch ich einräumen, dass es unter den Tiergattungen gewisse Sympathieträger gibt. Die Römerin zum Beispiel liebt das Schwein in seiner ganzen Wildheit schon seit Kindertagen. Manchmal träumt sie sogar von Schweinen. «Ich war in einer Guerillagruppe mit einem Schwein», erzählt sie am Wochenende in einer abendlichen Frauenrunde. «Das schreit ja geradezu nach einer starken Symbolik», meine ich. "Vielleicht verheisst es Glück?", mutmasst die Eremitin.

In der Tat: Das Schwein mit seinem dicken Bauch steht bei uns für Glück und Wohlstand. Es steht allerdings auch für Völlerei und Faulheit – zwei Attribute, die Lockenkopf und ich uns durchaus zuschreiben würden. Lockenkopf und ich sind nämlich "Fress-Partnerinnen". Regelmässige Fressorgien gehören zu unserem Ausgeh-Ritual. Gruppenschlemmen ist wunderbar. Ab und zu nimmt es allerdings auch etwas gar extreme Ausmasse an. Im Irish Pub unserer Stadt zum Beispiel: Lockenkopf und ich lehnen am Bistrotischchen und nippen an unserem Getränk. Am selben Tischchen lehnt noch ein anderes Grüppchen, das gerade ein geflechtetes Körbchen voller frittierter Leckereien serviert bekommt. Lockenkopf und ich tauschen neidvoll Blicke. Und während wir unser Gespräch fortführen, wandern unsere Augen immer wieder mal zu dem geflechteten Körbchen mit dem verheissungsvollen Inhalt. Irgendwann flüstert Lockenkopf mir ins Ohr: "Spekulierst du heimlich auch darauf, dass sie nicht alles aufessen?" Und unter Gekicher malen wir uns aus, wie wir zu allen Tischen mit geflechteten Körbchen hingehen und die Resten inklusive Krümel verputzen. "Bald wären wir in der ganzen Stadt als die Restenfresserinnen verschrien!"

Und als wir uns an jenem Abend zum Abschied innig umarmen, gebe ich intuitiv ein paar wohlige Grunzgeräusche von mir. Lockenkopf erwidert den grunzenden Gruss und meint: "Ich glaube, in unserem letzten Leben waren wir zwei Hausschweine. Unser Platz war unter dem Tisch, wo wir geduldig darauf gewartet haben, dass uns das Glück hold ist und uns ein paar leckere Resten zufallen lässt!"

Siehe auch: tink.ch

Dienstag, 1. April 2008

Erwischt beim Tatort schauen

Die Liebe als Institutiuon – es scheint kein Weg daran vorbeizuführen. Trotzdem mag die Amazone nicht glauben, dass Liebe immer langweilig werden muss.

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Die Langeweile ist das, wovor wir uns im Leben am meisten fürchten sollten. Ein Augenmerk sei dabei besonders auf die Langeweile in Beziehungen gerichtet. Die Eremitin hat in dieser Hinsicht kürzlich etwas sehr Treffendes gesagt. Sie meinte: "Wenn du dich dabei erwischst, wie du gemeinsam mit deinem Freund auf dem Sofa sitzt und dir Tatort anguckst, hast du verloren." Und ich weiss genau, was sie meint: Gemeinsam fernsehen – noch dazu Tatort, eine Sendung, die es seit Jahrhunderten gibt – ist der ultimative Beweis dafür, dass einem nichts Gescheiteres mehr einfällt. Die Luft ist endgültig draussen, die Ideen bleiben aus. Der gemeinsame Moment wird nicht mehr gelebt, geschweige denn gefeiert, Küsse nicht mehr gestohlen, die gemeinsame Zeit nicht mehr gewürdigt, sondern ist längst zur banalen Selbstverständlichkeit geworden. Nein danke, Tatort schauen kann ich auch sehr gut alleine. Einen DVD ausleihen und zusammen anschauen hat wenigstens im Ansatz etwas von einem Eventcharakter, zumal es wenigstens eine bewusste Entscheidung erfordert.

Mein persönlicher Horror betrifft diesen Papierkram – zusammen eine Lebensversicherung abschliessen oder die Steuererklärung ausfüllen. Das ist dann, wenn Beziehungen endgültig zu Institutionen werden. Und ich frage mich: Ist es unumgänglich, dass Beziehungen institutionalisiert werden, oder haben wir uns einfach daran gewöhnt? Ich will einen Partner – aber will ich auch eine Lebensgemeinschaft? Kann ich eine Beziehung führen wollen, mich aber gleichzeitig weigern, sie zu einer Institution werden zu lassen? Und wie bitteschön soll ich das anstellen? Ein Patentrezept dafür gibt es sicherlich nicht, aber wie die Römerin ganz richtig geseufzt hat: "Eigentlich ist es ein Wunder, wenn es funktioniert. Wenn sich der Mann in der gleichen Lebensphase wie du befindet und noch dazu emotional und intellektuell auf einem ähnlichen Niveau." Oder – so mutmassten die Römerin und ich genau gleichzeitig – es funktioniert eigentlich gar nicht, sondern es tun nur immer alle so. Ein Mythos – oder das bestgehütete Geheimnis unserer Zivilisation. Die "richtigen" Amazonen, die sich mit den Männern nur für die Fortpflanzung treffen und dann wieder ihre eigenen Wege gehen, könnten über solche Gedanken bestimmt nur den Kopf schütteln. Sie haben institutionalisiert, was viel realistischer ist: Ganz unverkrampft können sie dazu stehen, dass Fortpflanzung und Liebe nicht zwingend eine Einheit bilden müssen.

Dienstag, 18. März 2008

Ein langfristiges Projekt

Die Amazonen möchten im Alter gerne gemeinsam wohnen. Und weil die Männer ja sowieso früher sterben, ist dieser Plan sogar ziemlich realistisch.

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Die Amazonen haben viele gemeinsame Projekte in Aussicht. Das langfristigste betrifft die Eremitin und mich: Wenn wir alt sind, möchten wir eine Alters-WG gründen. Die Idee dazu kam uns letztes Jahr während einer gemeinsamen Indien-Reise. Es gibt nichts, was dagegen sprechen würde – schliesslich plant keine von uns beiden eine Familiengründung im herkömmlichen Sinn. Ausserdem sterben die Männer uns Frauen ja bekanntlich sowieso früher weg. Es bestehen also durchaus Chancen für die Umsetzung dieses Projekts. Gerade jetzt, wo wir herausgefunden haben, dass wir dieser Studi-WG-Phase entwachsen sind. Das nächste und letzte Zeitfenster für eine WG-Gründung lassen wir uns bestimmt nicht entgehen. Anfänge und Enden sehen sich manchmal verdächtig ähnlich.

Während die Eremitin auf ein Einzelzimmer besteht, wünsche ich mir ein glückliches Händchen bei der Ziehung des Preisausschreibens. Habe ich die Südsee-Kreuzfahrt dann endlich gewonnen, kann die Reise im Kopf beginnen. Selig träume ich von einer Kreuzfahrt auf hoher See, die ich niemals antreten werde. Seit neustem hat sich auch die Römerin unserem WG-Plan angeschlossen. Sie wünscht sich eine Katze (o ja, unbedingt!) und einen grossen Keller mit gutem Rotwein, um ab und zu ein schönes Kollektivbesäufnis zu veranstalten.

Tatsächlich ist es ein enorm tröstlicher Gedanke, den Lebensabend mit den besten Freundinnen zu verbringen. Dann, wenn die alternden Männer bereits wehleidig sind und unerträglich werden. Und es gibt noch einen anderen Grund: Im Umgang mit Männern legen auch wir immer wieder ein sehr törichtes Verhalten an den Tag. Wir bangen um sie, wenn sie auf Berggipfel klettern, wir warten auf ihre Anrufe oder ihre Kurzmitteilungen und schämen uns dafür, dass unser Glück so von ihnen abhängt. Und dennoch können wir nicht anders. Dabei sollten wir es doch eigentlich besser wissen. Wie die Römerin ganz richtig erkannt hat, ist die einzig treffende Bezeichnung für ein solches Verhalten «töricht». In der Alters-WG können wir dann endlich über all diesen Dingen stehen. Dann kann uns das alles nichts mehr anhaben. Das wird eine richtig "gfreute Sache". Und für einmal sind wir sogar richtig früh in der Planung…

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