Dienstag, 23. September 2008

Männer und ihre Bärte

Bei Frauen, die viel Zeit miteinander verbringen, gleicht sich der Menstruationszyklus an. Das lässt sich wissenschaftlich belegen. Was die wenigsten wissen: Auch Männer haben ihre Tage. Tage nämlich, an denen sämtliche Männer einer Schicksalsgemeinschaft (Familie, Freundeskreis) dringend einer Nassrasur bedürfen. Bartstoppel-Alarm! Der Wildwuchs nimmt sich ungefragt sein Recht. Ich spreche aus Erfahrung: Ein längerer Indien-Aufenthalt war barttechnisch äussert lehrreich – zumal ich mich in einer absoluten Männergesellschaft bewegte. Am kaputten familieneigenen Rasierapparat kann es jedenfalls bestimmt nicht liegen. In Indien ist die Nassrasur institutionalisiert: 90 Prozent lässt sich am Strassenrand von einem der zahlreichen vielen fliegenden Barbiere rasieren. Fühlt sich die Männergruppe den Urinstinkten während «den Tagen» ganz besonders ausgesetzt? Haare im Gesicht gelten in (Süd)indien immerhin als ein Zeichen von Männlichkeit. Deshalb lassen sich dort auch so viele Männer einen Schnauz stehen.
Hierzulande macht man sich als Mann mit einer Gesichtsfrisur nicht unbedingt keine Freunde. In Zeiten der metrosexuellen Revolution à la Beckham hat sich der Mann alles abzuscheren, was von Natur aus wieder nachwachsen kann. Und auch ich finde grundsätzlich: Es geht doch nichts über einen frisch rasierten, nach Aftershave duftenden Mann. Da ich bereits Proteste vernehme, räume ich des Friedens willens ein: Ein verruchter Drei-Tage-Bart kann durchaus auch seinen Reiz haben. Doch bei allem Verständnis für alles Zyklusbedingte: Nach drei Tagen ist definitiv Schluss. Schliesslich heisst es nicht ohne Grund Dreitagebart.

Erschienen: Winterthurer Stadtanzeiger, 23. September 2008

Dienstag, 16. September 2008

Vilken tur!

Kann eine Extra- Portion Taubenkot auf dem Kopf Glück bedeuten? Für die Amazonen schon. Doch nicht alle glücklichen Begebenheiten müssen eklig sein.
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Ein wenig abergläubisch sind wir doch alle. Deshalb ergreifen wir im Alltag gerne jede sich bietende Gelegenheit, uns etwas zu wünschen. Wir wünschen auf jede Sternschnuppe, die vor unseren Augen durch die Erdatmosphäre flitzt und auf jede lose Augenwimper, die an unserer Wange hängen bleibt. Wir tun das ganz still und leise, nur im privaten inneren Gärtchen hat der Wunsch seinen Platz. Dennoch fragen wir unsere Freundin danach ganz aufgeregt: «Hast Du Dir auch etwas gewünscht? Über den Wunsch selbst schweigen wir uns aus, sonst geht er nicht in Erfüllung – so will es die Volksweisheit. Unter den Amazonen besteht schon seit jeher das Ritual, dass wir uns bei zufälligem simultanem Sprechen (also wenn zwei zur genau gleichen Zeit zufällig genau das gleiche sagen) etwas wünschen dürfen. Dann haken wir uns mit dem kleinen Finger der rechten Hand ein und öffnen uns gegenseitig die verhakten Finger, während wir vor uns hersagen «eins, zwei, drei… Apfel.» Dieses Ritual öffnet uns Tür und Tor zu unseren innersten Wünschen, die wir dann fliegen lassen, hinaus in die Welt, in der Hoffnung, sie mögen auf fruchtbaren Boden fallen.

Doch die Amazonen wären nicht die Amazonen, wenn ihnen das bereits genug wäre. So hat jede von uns Strategien entwickelt, um die Chance zu erhöhen, einen Wunsch frei zu haben. So beharrt Lockenkopf seit Jahren darauf, sich etwas wünschen zu dürfen, wenn einem eine Taube auf den Scheitel kackt. Schliesslich gehört so viel Glück dazu! Seit ein Tigermännchen im Zoo ihrem Freund einmal mitten ins Gesicht pinkelte, verteidigt sie diese Theorie überzeugter denn je (sie hat leider nichts abgekriegt und durfte sich daher auch nichts wünschen…) Während Lockenkopfs Tricks aus dem animalischen Bereich sind, kennt die Eremitin eher Möglichkeiten poetischer Natur: Laut der Eremitin darf man sich nämlich etwas wünschen, wenn man einen Graureiher im Flug sieht. Schliesslich staksen diese Tiere hauptsächlich erhaben auf Feldern herum und wagen sich nur selten in die Lüfte. Das Prinzip scheint also zu sein: Je seltener eine Situation vorkommt, desto mehr ist sie dazu bestimmt, gewisse «magische Kräfte» inne zu haben. Auch ich hatte vor einigen Wochen mein Erlebnis der dritten Art: In der schwedischen Möbelhauskette in Dietlikon wurde ich nämlich von einem Schweden bedient. Von all den tausend Mitarbeitern, die die Ikea sicherlich hat, würde ich ausgerechnet von einem Schweden bedient! Kaktusblüte meinte dann etwas abwertend, das sei gar nicht so selten, wegen Austauschprogrammen und so. Doch ich beharre darauf: Wer in einer Ikea-Filiale ausserhalb von Schweden von einem schwedischen Landsmann oder Landsmännin bedient wird, darf sich etwas wünschen. Oder wie der Schwede sagen würden: Vilken tur! (Was für ein Glück!)

Dienstag, 26. August 2008

Den Alltag feiern

"Jede Stunde ist deine Stunde.", schrieb eine chinesische Autorin. Die Amazonen wissen ihren Tag zu nutzen – auf ihre ganz eigene Art.

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McDonalds und Lockenkopf – das hat Tradition. Masslosigkeit trifft auf Masslosigkeit, geschrieben mit einem grossen gelben "M". So erzählte sie kürzlich eine schöne Geschichte über das Zelebrieren seines eigenen Moments. Nach der Arbeit habe sie eine Dusche genommen, sich frisiert und schön gemacht. Danach sei sie ganz allein in den McDonalds gefahren, um sich einen Burger zu gönnen, erzählte sie stolz. Die Geschichte hat mich an einen Satz der chinesischen Autorin Xiaoulu Guo erinnert, den ich kürzlich gelesen habe: "Jede Stunde ist meine Stunde." Obwohl für mich sofort klar war, dass es eine Art Liebeserklärung ans Leben sein muss, könnte die Schriftstellerin theoretisch auch etwas ganz anderes gemeint haben. Vielleicht: "Ich kann zu jeder Tageszeit gut arbeiten." Jede Stunde ist deine Stunde heisst für mich soviel wie: "Was immer du auch machst, und sei es auch noch so unbedeutend, mach es im Frieden mit Dir selbst." Seither leihe ich mir den Satz manchmal aus und setze ihn ans Ende eines E-Mails, als eine Art Aufforderung: "Jede Stunde ist Deine Stunde."

Ich könnte auch schreiben: "Lebe, was das Zeug hält!". Doch diese Aufforderung wäre wohl etwas zu plakativ. Ausserdem ist es nicht das, was ich sagen will. Nicht alles im Leben kann immer spektakulär sein. Das wird dem Leben in seinen Grundtönen nicht gerecht. Natürlich ist das Leben aufregend, spannend und spektakulär – manchmal. Doch zu einem viel grösseren Teil ist es ruhig und besonnen, friedlich. Die unspektakulären Momente sind oftmals die besonderen, die wir ehren und zelebrieren sollten. Ganz in sich ruhen, ganz für sich da sein und seine ganz privaten kleinen Feierlichkeiten im Alltag auskosten. Ich kann mir Lockenkopf bildlich vorstellen, wie sie – fein zurechtgemacht und frisch parfümiert – durch die automatische Schiebeglastüre schreitet und mit hoch erhobenem Kopf und zufrieden lächelnd auf die Theke zusteuert. Und in souveränem Tonfall ein Big Mac Menu bestellt.

Dienstag, 29. Juli 2008

Erdbeeren-Albtraum

Mit Geburtstagsgeschenken kann man manchmal ziemlich danebenliegen. Das muss nun auch eine der Amazonen erfahren.

Mit Geburtstagsgeschenken ist es so eine Sache – Jahr für Jahr. Da die Amazonen allesamt in den Sommermonaten Geburtstag feiern, sind wir inzwischen ziemlich gut darin, Geburtstagsüberraschungen zu improvisieren. Das geht von Postenläufen über Ballonfeste bis hin zu Geburtstagstänzen. Doch gerade was Geschenke anbelangt, liegt das Fettnäpfchen manchmal gar nicht weit. So auch am 25. Geburtstag von Lockenkopfs Freund. Lockenkopf – ganz die gute Freundin – hatte ihm zu Ehren eine Grillparty auf der Dachterrasse organisiert – welch Überraschung, welch Freude. Alles lief in geregelten Bahnen. Das Desaster begann sich erst abzuzeichnen, als Lockenkopf ihrem Liebsten mit siegessicherem Lächeln ihr Geschenk überreichte. Aus dem Geschenkpapier wickelte ihr Liebster… eine gigantische Büchse Erdbeerjoghurt.
Ganze fünf Kilo Erdbeertraum, eigentlich für die Gastronomie gedacht. Die gute Freundin wusste schliesslich ganz genau, dass ihr Liebster Joghurt in rauen Mengen vertilgte. Und fruchtig musste es sein, Fruchtigkeit war das Gebot der Stunde. Ob Esswaren grundsätzlich gute Geschenke hergeben, darüber lässt sich streiten. Doch am Gesicht ihres Liebsten zeigte sich zuerst Irritation, alsbald leichtes Unverständnis ab. Irgendwann begann er den Kopf zu schütteln, langsam, und dann immer heftiger. Sie ahnen es sicher bereits – der Beschenkte kann Erdbeerjoghurt nicht ausstehen. Fassungslos versuchte er dennoch zu begreifen, dass seine Freundin ihn gerade mit einer Unmenge von Erdbeerjoghurt beglückt hatte. Man muss sich das mal vorstellen, fünf Kilo – das bedeutet 27 kleine Joghurtbecher. Ich bin sicher, dass der Arme noch im Traum von kleinen, rennenden Erdbeeren verfolgt wurde. Schliesslich musste sein WG-Mitbewohner sich der 5-Kilo-Büchse annehmen. Und Lockenkopf hat einmal mehr bewiesen: Sie ist sogar dann masslos, wenn sie eigentlich nur eine gute Freundin sein will.

Mittwoch, 16. Juli 2008

Ich lese!

Ich lese. Was für ein Satz. Zwei Wörter nur, und dennoch so ungemein bedeutungsvoll. Wenn es ein T-Shirt gäbe mit dieser Aufschrift – ich würde es tragen, obwohl Tops mit aufgedruckten Botschaften eigentlich ins Reich der Modesünden gehören. Druckerschwärze-Süchtige wie ich haben die Angewohnheit, prinzipiell alles zu lesen, was ihnen unter die Augen kommt. Für die nichtlesende Gesellschaft mag das mitunter etwas nervtötend sein. Ich kann den Ärger darüber verstehen und plädiere dennoch für Verständnis: Lesen ist einfach zu schön! Und für mein Dasein existenzbegründend. Ich lese nach dem Aufwachen und vor dem Schlafengehen, auf dem Klo und im Zug. Dort ist es dank der Zeitschrift «Via» besonders leicht, andere Suchtgefährdete auszumachen. Eine Freundin hat die Kundenzeitschrift der SBB einst als «Bravo für Pensionierte» betitelt. Böse Zungen behaupten zudem, es sei die einzige Gratiszeitung im Zug, die niemand liest. Dennoch greife ich bei akutem Buchstabenmangel für gewöhnlich auch zu dieser Lektüre – mit leisem Unbehagen. Bis zu jenem Tag, als mir jemand treuherzig von einem Artikel in besagtem Magazin erzählte. «Du auch…?», habe ich über die Massen erleichtert ausgerufen, froh über dieses Bekenntnis. Der entgeisterte Blick verriet mir, dass der schlechte Ruf des Magazins noch nicht überall durchgesickert war. Das ermutigt. Ich spiele jetzt mit dem Gedanken, ein neues T-Shirt zu tragen. Jenes mit dem Aufdruck: «Ich lese sogar 'Via' – na und?»

Erschienen im Winterthurer Stadtanzeiger, 15. Juli 2008

Dienstag, 15. Juli 2008

Aber bitte mit Schuss

Was haben ein Tropfen Bitterlikör im Drink und eine neue Frisur gemeinsam? Beides fällt manchmal nur echten Kennerinnen auf.

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In der Lieblings-Bar der Amazonen gibt es einen Drink, der zum eigentlichen Amazonen-Drink geworden ist. Er ist knallgelb und heisst "Biene Maja". Neben den Süssgetränken Sprite und Orangina enthält er als Geschmacksverstärker ein ganz klein wenig Bitterlikör (Angostura). Obwohl wir ihn alle andauernd trinken, ist Kaktusblüte die eigentliche Expertin auf dem Gebiet des Maja-Drinks. Sie ist nicht nur die Einzige von uns, die das komplizierte Wort «Angostura» fehlerfrei artikulieren kann, sie merkt auch immer bereits nach dem ersten Schluck, wenn "der Schuss" in der Hektik des Baralltags vergessen gegangen ist. Der Schuss Bitterlikör ist schliesslich das Sahnehäubchen, er adelt den Drink – da bestehen wir drauf!

Seit Neuem gibt es jetzt noch einen zweiten Schuss im Kreise der Amazonen. Als beim allwöchentlichen Frauenabend nämlich wieder mal von Männergeschichten die Rede war, hatte auch Lockenkopf etwas zu erzählen: Nach einer Woche ferienbedingter Trennung seien sie und ihr langjähriger Freund und Gefährte wie frisch verliebt. Ausserdem habe die Haarstylistin ihm eine neue Frisur verpasst – "Damit ist er ein echter Schuss!" Worte voller Leidenschaft. Und kaum ist die mit Feuereifer vorgetragene Lobeshymne an die neue Frisur des Liebsten verebbt, brechen wir anderen auch schon in schallendes Gelächter aus. Es stimmt: Ein neuer Haarschnitt kann in der Tat Wunder bewirken. Sogar die Stilikone Tyler Brûle hat das kürzlich in einem Interview gesagt. Natürlich wollten wir uns bei nächster Gelegenheit selber von dieser überaus positiven Veränderung auf dem Haupt des Betreffenden überzeugen. Doch so dermassen verändert schien er uns dann doch auch wieder nicht. Wahrscheinlich verhält es sich in der Liebe wie beim "Biene Maja" und dem Schuss Angostura: Aussenstehenden würde gar nicht auffallen, dass etwas fehlt. Doch die Kennerin weiss das Sahnehäubchen eben wertzuschätzen.

Montag, 7. Juli 2008

Tandem: Eins um jeden Preis

Die Veloroute Nummer 45 (Wyland-Downtown) von Veloland Schweiz führt direkt an meiner Haustüre vorbei. Im Sommer ziehen sie in Scharen vorüber – stille Einzelkämpfer im sportlichen Velotrikot am Abend, gemächlich in die Pedale tretende Eltern mit ihren wild strampelnden Kindern übers Wochenende. Als wahre Chillerin fläze ich mich im Gartenstuhl und schenke den Freizeit-Radlern kaum Beachtung. Nur bei Paaren mit Tandemvelos schaue ich von meiner Lektüre auf. Ungläubig reibe ich mir die Augen. Gibt’s das heute tatsächlich noch? Und hat denen schon mal jemand gesagt, wie lächerlich sie dabei aussehen? Hallo Leute, Lächerlichkeit im Doppelpack verstärkt sich noch; so viel Alltagswissen sollte eigentlich vorauszusetzen sein. Doch das Tandempaar zuckt nicht einmal mit der Wimper, sondern lustwandelt fröhlich und selbstzufrieden des Wegs und ist dabei vor allem eins: Ja eben eins.
Ein Tandemvelo zu fahren ist ein Statement. Das scheint den Tandempaaren noch nicht aufgefallen zu sein. Einssein um jeden Preis – ist das wirklich sogar noch auf dem Velo erstrebenswert? Der Mann sitzt übrigens immer vorne und bestimmt damit auch, wo’s langgeht. Da ziehe ich es vor, zwei zu bleiben. Und falls sich die Verschmelzung doch nicht verhindern lassen sollte, möchte ich dabei wenigstens souverän aussehen. Auf einem Tandemvelo ist das ein Widerspruch in sich.

Wenn der Fluss plötzlich aufwärts fliesst

"Sicher ist einzig die Veränderung" meint die Amazone und plädiert für weniger Angst vor grossen Richtungswechseln.

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In Asien gibt es Flüsse, die bei Monsun die Fliessrichtung wechseln können. Und so wie das Wasser in extremen Situationen die Fliessrichtung wechseln kann, machen auch Menschen allerlei Veränderungen durch. Ansichten und Gewohnheiten verändern sich, Verantwortungsgefühle wandeln sich, Freundschaften werden geschlossen und wachsen, das Kräfteverhältnis wird plötzlich ein anderes. Sicher ist einzig die Veränderung. Nur kümmert das unsere moderne Gesellschaft herzlich wenig: In Industrienationen ist das Bedürfnis nach Sicherheit gross und damit auch das Gefühl, das eigene Leben jederzeit kontrollieren zu können. Je mehr wir mit dieser Kontroll-Erwartung an unser Leben herangehen, desto mehr haben wir Angst vor der unwiederbringlichen Veränderung.

Auf die eine oder andere Art fürchten wir uns also alle vor Veränderungen. So auch in der Liebe. Wer kennt sie nicht, die leise Angst vor einer neuen Liebe? Wir sagen, wir fürchten uns vor der Liebe – doch eigentlich fürchten wir uns vor der Veränderung, die sie in unserem Leben bewirken könnte. Denn anders als ein paar neue Schuhe oder eine neue Stelle gilt die Liebe in unserer Kultur als jene Kraft, die am meisten Potenzial hat, uns und unser Leben unwiderruflich zu verändern. Vielleicht sitzt uns die Angst im Nacken, nicht mit diesen reissenden Gefühlsströmen umgehen zu können. Dabei vergessen wir häufig, dass die Liebe uns immer nur zu uns selbst führt und nicht von uns weg. Es sollte also zu einer guten Lebensführung gehören, ab und zu ganz bewusst zuzulassen, dass die Fliessrichtung des eigenen Lebensflusses sich ändern kann.

Dienstag, 17. Juni 2008

Von Fröschen und Baumliebhabern

Obwohl die Amazonen wahre Profi-Singles sind, fänden sie es doch schön, sich diesen Sommer endlich mal zu verlieben. Doch Traummänner sind rar.

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Der Mai 2008 ist Geschichte. Kurz nur hat er uns seine Aufwartung gemacht, den Hut zum Gruss gehoben und sich danach klammheimlich davongestohlen. Das ist mir ein schöner Kavalier. Lebewohl, bis zum nächsten Jahr. Ihn ziehen zu lassen ist dieses Jahr besonders hart. Die Amazonen wollten sich doch verlieben im Mai! Gleich vorneweg: Es hat nicht geklappt. Wieder nicht. Bei niemandem von uns. Bis zum letzten Moment hatten wir Hoffung gehabt – Kaktusblüte hatte schliesslich am Letzten Tag im Mai einen Gratiseintritt in Jagdgrund Nummer eins: eine Einladung zu einer Hochzeitsparty. Wir waren guter Dinge, drückten ihr ganz doll die Daumen. Um Mitternacht musste der Mai dem Juni weichen und ausser Blasen an den Füssen von den drückenden Sommersandalen gab es auch bei Kaktusblüte keine neuen Akquisitionen zu verzeichnen.

Wenn wir Amazonen etwas beherrschen, dann ist es das Singlesein. Darin sind wir Meisterinnen. Ausser Lockenkopf als Dauerabwesende im Singleklübli können wir anderen uns inzwischen als wahre Expertinnen brüsten. Wir habe schon überlegt, es lobend in unserem Lebenslauf unter «besondere Kenntnisse» zu erwähnen. Sich leere Sonntag um die Ohren schlagen, ätzende Fragen beantworten, sich immer selbst im Brustton der Überzeugung sagen müssen, dass Gott angeben wollte, als er einen erschuf… der ganze elende Katalog ist uns wohlbekannt. Und um gleich vorneweg alle Missverständnisse und Vorurteile aus der Welt zu schaffen: Ja wir wollen uns tatsächlich verlieben (gibt es irgendjemanden auf dieser Welt, der keinen Bedarf hat an Liebe?) und nein, wir haben ganz sicher keine zu hohen Ansprüche.

Sich in Sachen Liebe solidarisch zu zeigen, ist bei uns oberstes Gebot. Für das Liebesglück der anderen sind wir deshalb auch bereit, recht unkonventionelle Wege zu beschreiten. Eine Froschaktion für Kaktusblüte zum Beispiel. Die geht so: Wir organisieren für sie fünf Dates, und einer der Herren wird bestimmt darunter sein, der zu ihrem Prinzen wird.....

In der Altstadt knöpften wir uns die einigermassen akzeptabel aussehenden Herren unseres Alters vor und trugen unsere Bitte vor. Die meisten der Männer verstanden nicht gleich auf Anhieb und waren eher überfordert. User Ziel dabei wäre es eigentlich gewesen, dieses ganze Paarungsding einmal von einer spielerischen Seite her anzugehen. Doch das setzt natürlich ein gewisses Verständnis für denselben Humor voraus. Der erste Mann war ein Kanadier und nur zu Besuch in der Schweiz. Obwohl eine Fernbeziehung nicht in Frage kommt, hatten Kaktusblüte und er einen schönen Touristen-Sonntag in Zürich. Ein fulminanter Start, doch danach ging es rapide abwärts. Während einer sein Kollege zum Date schickte und ein anderer sie ganz versetzte, kam sie vom vierten Date nur noch Kopfschüttelnd und unter prustendem Gelächter zurück. Dieser Typ hatte ihr doch allen Ernstes erklärt, dass es eines seiner Hobbies wäre, auf Bäume zu klettern. War das nicht derjenige gewesen, den wir ausgewählt hatten, weil er diesen leicht alternativen Touch verströmte? Wir hätten wirklich zu gerne Kaktusblütes Gesicht gesehen, als er seine heimliche Vorliebe eröffnete. Seither haben wir eine sehr genaue Vorstellung davon, wie jemand aussieht, den Englischsprachige gerne als «tree hugger» bezeichnen. Das fünfte Prinzen-Date ist immer noch ausstehend. Nach dem Baumbesteiger hatten wir zum Wohle aller Beteiligten eine Ruhepause nötig, die immer noch andauert….

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