Montag, 3. März 2008

Liebe ist wie Homöopathie

Lockenkopf ist seit acht Jahren vergeben und konnte ihre Freiheit behaupten. Leider gelingt das nicht allen. Für die Amazonen immer wieder ein Grund zum Lästern.

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Wir sind Lästermäuler – das ist ein offenes Geheimnis. Und wie alle Lästermäuler haben auch die Amazonen ihre Spezialgebiete. Paare, die sich von der Welt abkapseln, sich gänzlich aus ihr zurückziehen, sind uns nämlich suspekt. Solche Paare gibt es leider immer noch zu viele, und leider gibt es sie auch in unserem Bekanntenkreis. Kaktusblüte hat für dieses Phänomen einen Begriff geprägt, der sofort in den Gruppen-Wortschatz Eingang gefunden hat. Bei einer Lästerrunde brach es nämlich einmal aus ihr heraus: "Die werden total zweisiedlerisch!" Zweisiedlerisch – besser hätte man es nicht auf den Punkt bringen können.

Ohne unsere Lästerorgien rechtfertigen zu wollen – es gibt keine Entschuldigung, lästern ist unser grösstes Laster - möchte ich an dieser Stelle doch zumindest für Verständnis werben: Kollegen zu verlieren tut immer weh, und wenn es im Namen der Liebe geschieht, ist es besonders schmerzhaft. Denn zu meinem Verständnis von Liebe gehört es, dass man sich gegenseitig zu sich selbst verhilft, sich gegenseitig zu innerem Wachstum ermuntert. Das ist eigentlich so einfach – und offenbar doch so unglaublich kompliziert. Denn das Laster der meisten Menschen scheint die Sehnsucht zu sein, den Partner zu besitzen. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum viele Beziehungen, die vorher jahrelang funktionierten, nach einer Heirat plötzlich in die Brüche gehen. Sobald die Liebe institutionalisiert wird, vertreibt man sie.

Lockenkopf feierte vor kurzem Jubiläum, seit acht Jahren ist sie mit ihrem Lieblingsmensch zusammen, ein Drittel ihres Lebens. Und sie sagt von sich, dass es ihr gar nicht vorkommt wie acht Jahre, sondern eher wie zwei. Ihre Beziehung sei noch nie langweilig geworden, und das hat sicher damit zu tun, dass die beiden eben weit davon entfernt sind, zweisiedlerisch zu werden. Sie lassen sich gegenseitig Freiräume für andere Lebensbereiche wie Hobbys oder Kollegen, lassen sich gegenseitig Mensch sein und das finde ich sehr schön. Vielleicht ist es mit der Liebe ein bisschen wie mit Homöopathie: Im Falle einer Überdosis wirkt sie nicht mehr, das Heilmittel verliert seine Kraft und der Zauber verpufft.

Dienstag, 19. Februar 2008

Die Übermutter aller Essigmütter

Egal wie abartig manche Interessen sind, es gibt immer Jemanden, der sie teilt. Die Amazone muss diese Erfahrung ebenfalls machen - und ekelt sich.

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Ich liebe es, Kleinanzeigen zu durchstöbern. Besonders scharf bin ich auf die ganz abstrusen Dinge, die dort gesucht oder angeboten werden. "Wer kennt einen grossen Ameisenhügel, den er mir zeigen kann?", ist so ein Klassiker. Solche Anzeigen werfen die unheimlichsten Fragen auf: Was weiss dieser Mensch mit einem Ameisenhügel anzufangen? An so einer Wand hat sich schon mancher Freak geoutet. So auch jene Frau, die sich kürzlich als Essigmutter-Liebhaberin zu Erkennen gab: "Wer kann mir sagen, wo ich eine Essigmutter bekommen kann?", las ich da. Und weiter: "Ich habe schon überall gesucht aber finde keine."

Gemäss einer österreichischen Kochwebsite ist eine Essigmutter, in manchen Regionen auch Essigliesel genannt, ein "glibberig aussehender Schlunz, welcher aus Essigsäurebakterien besteht." Schlunz – ein österreichisches Dialektwort – klingt genau nach dem, was die Essigmutter ist: Ein Schlunz, ein schleimiges, stinkendes Etwas, dem man unmöglich irgendeine Form von Liebe entgegenbringen kann, sondern nur Ekel und Abscheu. Lockenkopf sieht das etwas anders, denn Lockenkopf ist die Übermutter aller Essigmütter. Den Schlunz kann man nämlich in Weisswein legen und dann beginnt er, Essigsäure zu produzieren. "Das ist fast wie ein Haustier!" hat Lockenkopf begeistert ausgerufen.

Das war, als sie im Besitz ihrer ersten Essigmutter war. Ich weiss noch, wie ich nach einer langen Partynacht bei Lockenkopf übernachtet hatte und am Morgen nach Hause gehen wollte, als sie mir – im Pyjama und frisch aus dem Bett – unbedingt noch ihre Essigmutter zeigen wollte. Sie nahm den Schlunz aus dem Glas und führte ihn mir vor, liess ihn von der einen Hand in die andere wandern, dazu verströmte dieses Ding einen Ekel erregenden Säuregeruch. Igitt! Der Geruch von Essig ist wirklich das Letzte, das ich am Morgen in der Nase haben möchte. Doch Lockenkopf lachte vergnügt und fand überhaupt nichts Abartiges daran. Ob sie den Essig dann tatsächlich auch für die Salatsauce benutzen konnte, wage ich stark zu bezweifeln. Ich weiss nur noch, wie ich ein paar Monate später ein sms bekommen habe: "Die Essigmutter ist gestorben! Ich trauere". Trotz Lockenkopfs Liebe und Fürsorge hat es die Essigmutter nicht geschafft. Bei den Amazonen hielt sich die Trauer über diesen Verlust zwar sehr stark in Grenzen. Doch ich war verblüfft, dass es offenbar noch andere Essigmutter-Liebhaber auf diesem Planeten gibt. Irgendwie ist es ja auch tröstlich zu wissen, dass ein Interesse noch so abartig sein kann – irgendwo findet es immer Anklang.

Montag, 4. Februar 2008

Lebensabschnittsmöbel

Obwohl die Amazonen noch nicht ans Eigenheim denken, ist die WG-Zeit doch eindeutig vorbei. Nun muss eine richtig schöne Badwanne her. Oder eine eigene Altbauwohnung.

amazonen_negativGegenstände können auf vortreffliche Weise einen Lebensabschnitt symbolisieren. Mit 18 ist dieser Gegenstand oftmals das erste eigene Auto: Es symbolisiert die neu gewonnene Unabhängigkeit, es steht für Aufbruch. Das erste eigenen Auto bedeutet: ich ziehe los, um die Welt zu erkunden und sie mir zu Eigen zu machen. Bei Gleichaltrigen brechen Stürme der Begeisterung los, wenn man mit vor Stolz geschwellter Brust von seiner neuen Anschaffung berichtet. Für die Amazonen ist diese Phase längst vorüber. Für jene Amazonen, die ein eigenes Auto haben, ist es längst zur Selbstverständlichkeit geworden und die Amazonen ohne eigenes Auto werden sich wohl auch in nächster Zukunft keines anschaffen – täten sie es dennoch, wäre es nichts Spektakuläres.

Doch jeder neue Lebensabschnitt weckt wieder neue Begehrlichkeiten. Und so träumten die Amazonen und ich kürzlich bei Kaffee von einer freistehenden Badewanne mit Löwenfüsschen. Das wär’ was! Die Römerin argumentierte dann aber, dass wir uns definitiv noch nicht in dieser Lebensphase befinden.
Eine freistehende Badewanne mit Löwenfüsschen, das klingt nach grossen Wohnräumen mit hohen Decken und grossen Fenstern, es klingt ein bisschen nach Künstlerdasein, auch nach Yuppie-Style. Doch niemand von uns hat sich schon so weit emporgearbeitet, dass wir uns so eine Wohnform leisten könnten.

Es ist jedoch nicht unter den Teppich zu kehren, dass wir uns bereits in der Post-Studi-WG-Phase befinden: Wie man wohnt, wird in dieser Phase wichtiger. Und man möchte gerne selbst darüber bestimmen können und sich keinerlei Studi-WG-Regeln unterordnen müssen. So wie Lockenkopf. Sie ist gerade mit ihrem Freund in eine Altbauwohnung gezogen – wobei es Stimmen gibt, die beharrlich verlauten lassen, dass es gar keine Altbauwohnung ist. Doch Lockenkopf hat sich wohl ein bisschen in die Vorstellung verliebt. Sie ist sogar so weit gegangen, nach den ersten aufkommenden Zweifeln die Frau auf der Wohnungsverwaltung nach dem Kriterienkatalog für eine Altbauwohnung zu fragen. Die konnte es ihr dann aber auch nicht genau sagen. Schliesslich schafft sich jeder seine eigene Wahrheit. Lockenkopf wohnt also in einer Altbauwohnung.

Die Römerin hingegen ist im Moment in der Lebensabschnittphase des Bettsofas. Auch sie ist umgezogen und bewohnt ein Studio, und da sie oft künstlerisch tätig ist und den Boden benutzt, um zu basteln oder zu malen, würde ein Bett zu viel Platz versperren. Also ist das Möbelstück, welches ihre momentane Lebensphase am besten charakterisiert, ein Bettsofa. Ein Bettsofa kann sie schnell ausziehen und nach dem Aufstehen wieder wegräumen. Ein Bettsofa-Besitzer hat sich noch nicht richtig im Leben eingerichtet, hat sich aber dafür entschieden, sich auf den Weg zu machen und seinen Träumen Raum zu geben.

Zumindest wohnen alle noch zu Miete, das beruhigt mich. Wenn wir anfangen uns nach Landparzellen umzusehen, auf denen wir unser Einfamilienhäuschen errichten möchten, beginnt bei mir das grosse Haare-Raufen. Doch vorher kommt ja noch die Phase mit der freistehenden Badewanne. Die möchte ich auf keinen Fall verpassen.

Mittwoch, 23. Januar 2008

We are not employable!

Lesen, schreiben und ein bisschen Yoga machen: Das wäre meine Vorstellung eines guten Lebens. Damit könnte ich meine Tage bis zu des Bechers Neige auskosten. Die Tage meines Lebens, die irgendwann gezählt sein werden. It’s strange to be alive. Doch irgendwie muss der eigene Lebensunterhalt verdient werden. Ein so genannter «Denkarbeiter» zu sein hat immer nur in Ausnahmefällen wirklich etwas eingebracht. Es gibt sie zwar, die so genannten «Intellektuellen», die über die Welt nachdenken und das als ihren Beruf bezeichnen. Aber wo sind sie? Gibt es sie wirklich oder stehen sie nur immer als Akteure in der Zeitung? Und vielleicht sind sie auch so vergeistigt, dass ihre Körper auf Nahrung nicht mehr angewiesen sind. Ich hingegen möchte essen, denn ich liebe es zu essen. Und dafür muss ich Geld verdienen. Ich möchte nicht berühmt sein, aber ich möchte etwas machen, das mir wirklich am Herzen liegt.

Und jetzt bin ich hier, ohne festes Einkommen, aber nicht ohne Arbeit. Diese wird mir noch lange nicht ausgehen, Projektideen gibt es zuhauf, endlich tue ich das, war mir wirklich am Herzen liegt. Doch bezahlt werde ich dafür nicht. Mut zum Eigensinn!, steht in grossen Buchstaben auf einem Zettel in meinem Arbeitszimmer geschrieben. Und jeden Tag gilt es wieder aufs Neue, sich selbst den Puls zu nehmen und seine innere Stimmung auszuloten. Wie fühle ich mich heute? Denn während den guten Tagen, wenn ich mich «on top of the world» befinde, gratuliere ich mir zu dieser Entscheidung. Selbstermächtigung ist das magische Stichwort. Dann gratuliere ich mir zu meiner Bedingungslosigkeit und ich bin ich zufrieden mit mir und der Welt. Solche Momente sind glücklicherweise recht häufig. Doch dummerweise kommen die anderen Momente genauso häufig vor. Denn sobald ich mich auf dem Berggipfel befinde, ist das nächste schwarze Loch bereits wieder in Sichtweite. Dann frage ich mich: Was mache ich überhaupt hier? Was bringt das eigentlich? Sobald eine Sinnkrise erfolgreich überstanden ist, kommt bereits die nächste in Sichtweite.

Die schwarzen Abgründe wird es immer geben, das weiss ich genau. Man kann einzig ein Gegenmittel erfinden. Als «gedankliche Medizin» versuche ich in letzter Zeit häufig, an zwei meiner indischen Freunde zu denken. Der eine ist selbständiger Buchhalter, der andere freischaffender Journalist. Die beiden treffen sich jeden Mittwochnachmittag in einer Bar mitten im chaotischen Strassengewirr Delhis. Und einmal haben sie mich mitgenommen. Wir haben Biere gebechert und Lebensphilosophien ausgetauscht. Beide haben einst beim gleichen internationalen Grossunternehmen gearbeitet, und beide waren erfolgreich auf ihrem Gebiet. Doch irgendwann haben sie sich entschieden, selbständig zu werden, hinaus in die Ungewissheit. Diese zwei Menschen sind mir ein grosses Vorbild. Denn mit einer heiteren Gelassenheit wissen sie ganz genau, worauf sie verzichten –Karriere, Geld – aber auch, was sie dadurch gewonnen haben. Nämlich mehr Zeit und mehr Lebensqualität. Mehr Selbstbestimmung über das eigene Leben, letztlich. Ein Leben in der eigenen Handschrift.

Dienstag, 22. Januar 2008

Ich bin eine Kneterin!

Nichts ist im neuen Jahr, wie es einmal war: Sogar das Kochen macht der Amazone jetzt Spass. Ihre Freundinnen machen sich dazu natürlich so ihre Gedanken.

amazonen_negativ Letzte Woche habe ich mich Kopf voran in ein Abenteuer gestürzt: Ich habe mich als Köchin und anderntags als Bäckerin betätigt. Und es hat mir auch noch Spass gemacht. Wer mich kennt, der weiss, dass die Kelle in meiner Hand einem Staatsstreich gleichkommt. Ich hasse es zu kochen, habe ich immer gerne jedem erzählt, der es wissen wollte – und das war natürlich auch die Wahrheit. In der dritten Woche des eben erst angebrochenen Jahres musste ich nun erkennen, dass dieses mir lieb gewordene Bild von mir selbst so nicht mehr zutrifft. Obwohl ich wohl auch in Zukunft beim Kochen nicht kreativ sein werde, hat mir doch der schöpferische Vorgang des Kochens eine Befriedigung verschafft.

Manche Vorstellungen über die eigene Person lässt man nur sehr ungern ziehen. Ich habe es geliebt, mich als die Frau zu sehen, die das Kochen hasst. Und obwohl mir diese neue Entwicklung auch etwas unheimlich ist, verfüge ich doch über genügend Selbstironie, um mich auch sehr darüber zu amüsieren. Und natürlich wundern sich auch meine Freundinnen. Als ich vergangene Woche mit einem selbstgebackenen Brot bei der Eremitin aufgekreuzt bin, konnte sie sich den spöttischen Unterton nicht verkneifen. «Ja, verspotte mich nur, ich habe es verdient!», habe ich zu ihr gesagt. Doch ich weiss, dass die Amazonen als mir wohlgesinnte Freundinnen meinen Sinneswandel grundsätzlich unterstützen. Ganz uneigennützig rechnen sie sich auch schon aus, zu den Profiteuren meiner neuen Backkunst zu gehören. Ob ich nicht am Samstag jeweils Zöpfe für das Sonntagfrühstück backen und diese dann in den Ausgang bringen möchte?, lautete der Tenor. Kaktusblüte hat besonders gefallen gefunden an der Vorstellung, dass ich am Samstagabend jeweils mit einem Bastkörbchen in unserem Stammlokal auftauche und gutherzig Selbstgebackenes verteile.

Ich hoffe, dass es soweit nicht kommen muss. Und falls doch, dann geht meine Nachbarin mir mit gutem Beispiel voran: Ihr Weihnachtsgebäck unterscheidet sich nämlich ziemlich von normalem Weihnachtsgebäck, denn was sie fabriziert, sind riesige Atom-Dinger. Diese Frau ist mir sympathisch, denn sie hat gar nicht den Anspruch an sich selbst, genauso schöne und wohlgeformte Guetzli zu backen wie alle anderen Hausfrauen. Sie setzt andere Akzente, nimmt es nicht so genau. Die Vision meiner neuen Identität als Hobbybäckerin sieht also folgendermassen aus: Ich will die Frau sein, die riesengrosse Weihnachtsguetzli bäckt.

Donnerstag, 17. Januar 2008

Auszug aus 32 Dinge, die Sie in Ihrem Leben unbedingt noch tun sollten

1. Einen Baum pflanzen (weil er Sie überleben wird).
2. Eine Nacht unter freiem Himmel verbringen
3. Einen halben Monatslohn an eine wohltätige Organisation spenden und niemandem davon erzhählen.
4. Eine Nacht durchtanzen
5. Eine Patenschaft übernehmen
6. In einer Kirche eine Kerze stiften aus Dank für die Eltern, dass sie einem das Leben geschenkt haben.
7. Die Geschichte der eigenen grossen Liebe aufschreiben
8. Eine Woche fasten
9. Einen Tag in totalem Schweigen verbringen
10. Nachts in einem See schwimmen
11. Ein Gedicht oder einen Liedtext auswendig lernen

Dienstag, 15. Januar 2008

«Peterli» – das verkannte Kraut

Die Petersilie, in Schweizerdeutsch ein bisschen bellend «Peterli» genannt, findet sich auf jedem Teller zwischen Schaffhausen und Bellinzona als Garnitur. «Peterli» ist etwas Urschweizerisches, repräsentativ für die gesamte Hausmannskost. Auf dem Schnitzel, das es zusammen mit Pommes gibt – im Volksmund auch «Schnipo» genannt – darf die Petersilie niemals fehlen. Der grasgrüne Stängel soll als Verzierung dienen, dabei spricht er unser Auge eigentlich überhaupt nicht an. Er ist uns nur lästig. Mit rümpfender Nase schieben wir ihn an den Tellerrand und dort bleibt er dann liegen, bis der Teller wieder abgeräumt wird. Essen? Essen würden wir dieses Unkraut niemals. Ein Fehler, wie ich von meinen Freunden erfahren musste. Denn die unerotische Petersilie hat tatsächlich eine aphroditisierende Wirkung. Ich war regelrecht geschockt, als meine klugen Freunde mich darüber aufklärten. Ausgerechnet Peterli! Chilli – kann ich mir lebhaft vorstellen, auch Nelken oder Senf regen meine Fantasie an, Schokolade oder Kaffee sowieso… aber Peterli? Dieses neue Wissen verändert meine Einstellung gegenüber der Hausmannskost auf geradezu radikale Weise. Ist ihre anregende Wirkung etwa der eigentliche Grund, warum die Petersilie in jeder Gaststätte zur Grundausstattung gehört? Ist Provinz gar nicht Provinz, sondern Stätte aufgeklärten Weltwissens? Und: Muss ich der Petersilie jetzt tatsächlich eine Chance geben? Zumindest in dieser Hinsicht konnte mir eine kleine Recherche im World Wide Web Genugtuung verschaffen. Denn während Zimt und Ingwer die Durchblutung verstärken, wirken Sellerie und Petersilie vor allem auf die männlichen Harnwege, was auch die Geschlechtsorgane reizt. Petersilie ist etwas für Männer. Puh. Zum Glück.

Veröffentlicht im "Stadtanzeiger" vom 15. Januar 2008

Dienstag, 8. Januar 2008

Neue Wege zur Sinnlichkeit

Das mit dem Frausein ist so eine Sache. Auf unserem Weg zur vollkommenen Sinnlichkeit werden uns immer wieder Fallen eingebaut. Die sieben Zentimeter beispielsweise. Sieben Zentimeter? Ab sieben Zentimeter sind High Heels nämlich High Heels. In Stöckelschuhen fühlen sich Frauen selbstbewusst und weiblich. Es gibt ihnen ein Gefühl von Erhabenheit. Das Problem dabei ist nur, dass die Bodenhaftung verloren geht. Jeder Pflastersteinplatz wird zum Spiessrutenlauf. Wenigstens eine gute Vorbereitung fürs Altwerden. Doch wofür geben wir unsere Bodenhaftung her? Damit wir uns erhaben, selbstbewusst und weiblich fühlen! Das Dilemma geht aber noch weiter. Weil einer Frau auf den hohen Schuhen durch die Landschaft schaukelt, jedem Tollendeckel ausweicht und dabei immer noch souverän lächeln soll, ist sie manchmal froh, ab und an ein Mann an ihrer Seite zu wissen, an dessen Arm sie sich ein wenig unterhaken kann. An seiner Seite kann sie sich eine Verschnaufpause gönnen. Was für eine Erleichterung. Was für eine Ironie.

Mit High Heels im Schnee

Es ist tatsächlich wahr, ich habe es mit eigenen Augen gesehen: Es ist Winter. Wir befinden uns in einem Wintersportort auf 1500 Metern über Meer in der Silvesternacht. Und da stehen zwei Pärchen am Taxistand. Schnee liegt auf der Strasse. Und die Damen tragen High Heels. So viel Dummheit fasziniert mich. «Diese Frauen können heute Abend tatsächlich keinen einzigen Schritt alleine tun», sage ich in das betretene Schweigen hinein. Meine Freundin antwortet: «Die haben dänk VIP-Eintritte in einem angesagten Club. Die muss heute gar nicht mehr auf die Strasse. Nicht so wie wir, die in der Silvesternacht um elf immer noch um die Häuser ziehen und nicht wissen, in welche Säuferbar es uns dieses Mal verschlagen wird.» Wo sie Recht hat, hat sie Recht. Und dennoch: Solange meine zwei Füsse mich noch tragen, möchte ich bei Bedarf von der Möglichkeit zu FLIEHEN, Gebrauch machen.
Renn, Baby, renn!!

Mein neuer Taschenvibrator und ich

Ich habe mir in der Neujahrsnacht einen Taschenvibrator aus dem Automaten gelassen. Auf ein vibrierendes 2008! Es war meine Premiere. Die Mission nahm einige Zeit in Anspruch. Und das ging so: Als ich den Automaten in der Säuferbar anpeilte, standen da bereits zwei Frauen, die sich angeregt unterhielten. Direkt beim Automaten. Ich dachte bereits daran, meine Mission auf später zu verschieben, weil ich mich ein klitzekleines bisschen genierte. Doch dann nahm ich mir vor, zu meinem Bedürfnis zu stehen. ICH KAUFE MIR HEUTE NACHT EINEN VIBRATOR. Ich fütterte den Automaten mit zwei Fünflibern, als ich bemerkte, dass diese Automaten kein Rückgeld geben. Anstatt der acht Franken zahlte ich also deren zehn. Aber was soll’s, schliesslich ist heute Silvester und vielleicht ist meine Neuanschaffung ja eine echte Investition, dachte ich. Mit grösster Sorgfalt wählte ich die richtige Taste, schliesslich wollte ich kein Kondom, ich wollte einen TOY BOY. Die zwei Frauen, die sich nun über meinen Kopf hinweg unterhalten mussten, schienen mich gar nicht zu bemerken. Munter plapperten sie weiter. Und gerade, als ich das Päckchen aus dem Fach nehmen und verduften wollte, kam eine junge Frau die Treppe hinunter und verkündete lautstark: «Dä muess huere geil si, mini Fründin hät dä glich!»
Es war eine meiner aufregenderen Silvesternächte.

Die Tatoo-Brüderschaft

Ewige Freundschaft? Dafür tragen die Amazonen alle einen Ring, der sie an einander erinnert. Doch es gibt auch andere Möglichkeiten, sich die Treue zu schwören.

amazonen_negativ Kürzlich sassen die Amazonen und ich in unserem Lieblings-Lokal, als wir mit vier Männern um die zwanzig ins Gespräch kamen. Eine ganz alltägliche Situation. Was in der Folge passierte, war dann allerdings nicht mehr ganz so alltäglich. Wer hätte gedacht, dass auf unsere harmlose Frage, «seid ihre gute Freunde?» eine dermassen eindrückliche und in der Tat «handfeste» Antwort folgen würde?? Wir staunten nämlich nicht schlecht, als die jungen Männer wie auf Kommando damit begannen, den Gurt ihrer Jeans zu lockern, Knopf und Reissverschluss öffneten, sich umdrehten und uns ihren nackten Po auf dem Präsentierteller entgegenstreckten. Einen Moment lang waren wir sprachlos, was im Kreise der Amazonen wirklich nur in Ausnahmefällen vorkommt. Bis wir entdeckten, dass auf allen entblössten Ärschen die gleiche Tätowierung prangte, hatten wir unsere Sprache wieder gefunden. Ist die neu? Gekreische. Was ist das? Gelächter und Gekicher. Es war eine Art chinesisches Schriftzeichen, das sie sich eben erst hatten stechen lassen. Eine Tätowierung auf dem Arsch - was für ein Freundschaftsbeweis! Schnell waren wir uns einig, dass ein tätowiertes Herz auf dem Oberarm mit den Initialen des Lieblingsmenschen sehr lächerlich anmutet. Aber Freunde, die sich auf diese körperliche Art ein lebenslang aneinander erinnert werden wollen…irgendwie hat das einfach Stil!

Die Amazonen wollten den Jungs dann natürlich in nichts nachstehen und präsentierten voller Stolz ihren Freundschaftsring. Doch die Geste wirkte fad, ja die ganze Ringgeschichte wirkte plötzlich extrem langweilig und alltäglich. Schweren Herzens mussten wir diese Niederlage hinnehmen. Ich versuchte dann zu trösten, indem ich sagte: «Wir würden sowieso kein Motiv finden, das uns allen gefallen würde.» Worauf Lockenkopf wie aus der Pistole geschossen und in vollem Ernst sagte: «Ich glaube, ich würde ein Schmetterlings-Tatoo wollen.» «Ein Schmetterling? Spinnst Du eigentlich?» liess die Reaktion der anderen nicht lange auf sich warten. Die durchdiskutierten Nächte, bis wir dann noch die geeignete Körperstelle auserkoren hätten, möchte ich mir lieber gar nicht vorstellen…

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Chalid al-Chamissi
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